Unterm Strich

„Tryin' to get to heaven before they close the door“, wie es in einem Song der jüngsten Bob-Dylan-CD heißt? Nach längerer Verweildauer im allamerikanischen Pantheon und von schwerer Krankheit genesen, ist der „Song- and Danceman“ (Selbsteinschätzung) Dylan aus Duluth, Minnesota, jetzt im Kennedy-Zentrum für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden – und zwar zusammen mit Charlton „Ben Hur“ Heston. Dylan wurde in Gegenwart von Bill und Hillary „die vielleicht einflußreichste und andauernd bestechendste Präsenz in der amerikanischen populären Musik und die herausragendste als Liedermacher unserer Zeit“ bescheinigt, Heston für seinen Einsatz in „Planet der Affen“, als Johannes der Täufer, allamerikanischer Waffennarr u.ä. geehrt. Dylan, soweit auf dem Bildschirm erkennbar, blieb unbewegt, hatte wohl seine Bob-Dylan-Maske an, Heston bedankte sich artig. Den am taz-Nachbardesk sehr hart produzierenden Kollegen inspirierte der Zwischenfall zu dem Galeeren-Vierzeiler: „Bob Dyl'n und Charlton Heston / Die gaben was zum besten / Im Weißen Haus, Applaus Applaus / Tanzt ab sofort die Mickymaus.“ Oh, Mama, can this really be the eeeend??

Weder Sound- noch Stahlgewitter: Der Regisseur und Intendant an der Berliner Volksbühne, Frank Castorf, wird im Sommer 1998 an der Oper in Basel Giuseppe Verdis „Othello“ inszenieren. „Das ist ein Experiment für mich. Ich will mal sehen, ob mir das Spaß macht, mit einem konservativen Opernapparat zu arbeiten“, sagte ein offenbar leicht betrapster Castorf im dpa-Gespräch. Der 46jährige, der für das Deutsche Schauspielhaus Hamburg derzeit die Johann-Strauß- Operette „Die Fledermaus“ inszeniert, meinte: „So wie ich arbeite, wird es sicher sehr, sehr schwer werden mit dem Gesamtapparat Oper.“

Im Vergleich zur Theaterarbeit sei Opernregie jedoch auch „viel einfacher“: „Wenn ich die Machtverhältnisse akzeptiere, dann brauche ich die Musik nur laufenzulassen. Es ist ja im Grunde alles fertig, ich muß nur drei Wochen ein bißchen arrangieren“, meinte Castorf. Sein Opernexperiment sei daher „auch ein Blick ins Alter“: „Man kann ja in Europa in kurzer Zeit sehr viel Geld verdienen.“ Der Ausflug ins Opernfach ist dabei für den Theatermacher „natürlich auch ein Rückzugsgefecht“.

Die Lage an der Berliner Volksbühne, wo Castorf seit fünf Jahren tätig ist, sei finanziell sehr schwierig. „Ich habe in den letzten vier Jahren fünf Millionen Mark und 120 Stellen einsparen müssen. Im nächsten Jahr sollen uns weitere 2,3 Millionen gekürzt werden. Für den Kunstfonds bleiben dann nur noch lächerliche 700.000 Mark“, sagte Castorf. „Die Situation in Berlin ist sehr direkt. Die hat nichts Charmantes mehr.“ An einen Ausstieg denke er dennoch nicht. „Hinschmeißen wäre feige in so einer politischen Situation.“