Tumult im Natalie-Prozeß

■ Die Verteidigung erklärt die psychiatrischen Gutachter für befangen. Prozeß verzögert sich

Augsburg (taz) — Progromstimmung herrschte gestern im Prozeß um den Mord an der siebenjährigen Natalie: Natalies Vater ging auf den Angeklagten Armin Schreiner und seinen Verteidiger los und mußte von Polizisten zurückgehalten werden. Das Publikum heizte ihn an mit den Rufen „Bring ihn um! Bring ihn um!“.

Grund für den Tumult war ein umfangreicher Befangenheitsantrag des Verteidigers Christoph Lang, in dem die fachliche Qualifikation der beiden psychiatrischen Gutachter angezweifelt wird. Der Vorsitzende Richter Hans-Reiner Schultz und Chefankläger Jörg Hillinger äußerten Unverständnis über den Antrag und bezeichnten ihn als reine Prozeßverschleppung. Plädoyers und Urteilsverkündung des bislang zügig verhandelten Verfahrens mußten verschoben werden, um die Gutachter noch einmal vernehmen zu können.

Oberstaatsanwalt Hillinger warf dem Rechtsanwalt unseriöses Verhalten vor und bezeichnete ihn sogar als „dreisten Lügner“. Der Verteidiger hatte am Wochenende erklärt, keine Fragen an die beiden Gutachter mehr zu haben und sie somit ausgeladen. Bei einer solchen Prozeßtaktik, meint der Chefankläger, müsse man sich nicht wundern, wenn es in der Öffentlichkeit heißt, das Opfer werde im Gerichtssaal ein zweites Mal vergewaltigt. kw