Der Haushalt als ein „Hort der Verläßlichkeit“

■ Relativ ungeschoren hat der Etat für nächstes Jahr den Hauptausschuß des Parlaments passiert. Statt großer Veränderungen gab es ideologische Auseinandersetzungen wie um die Jahrtausendfeier

Ein „Hort der Verläßlichkeit“ – das sollte ein Haushaltsausschuß sein, der die Finanzgeschicke der Stadt in Händen hält. Als „Hort der Verläßlichkeit“, wie die SPD- GeschäftsführerInnen ihn unlängst nannten, hat sich der Hauptausschuß auch in anderer Hinsicht erwiesen: Der Etatentwurf des Senats für 1998, den die ParlamentarierInnen heute zum zweiten Mal im Plenum beraten und morgen beschließen sollen, hat, trotz Getöse um einzelne Punkte, die vorbereitenden Beratungen im Hauptausschuß weitgehend ungeschoren überstanden.

„Es hat keine großen Veränderungen gegenüber dem Senatsentwurf gegeben“, bestätigt Klaus Franke, Vorsitzender des Hauptausschusses. „Und obwohl wir unter sehr großem Zeitdruck verhandeln mußten, haben wir sehr sachlich diskutiert. Ich zolle dafür auch der Opposition großen Respekt.“ Die sieht das allerdings anders: „Der Hauptausschuß soll die Senatsvorlage für den Haushalt völlig frei beraten. Eine solche unabhängige Beratung konnte es unter diesem Zeitdruck gar nicht geben“, stellt die Haushaltsexpertin der Bündnisgrünen, Michaele Schreyer, dem Hauptausschuß ein schlechtes Zeugnis aus.

Insgesamt umfaßt der vom Hauptausschuß beschlossene Etat 44,801 Milliarden Mark. Das Plenum hat also morgen über einen Entwurf zu entscheiden, der um etwa 200 Millionen unter dem Ansatz des Senates liegt. Während sich, wie der bündnisgrüne Haushaltspolitiker Burkhard Müller- Schoenau sagt, „die zahlenmäßigen Veränderungen in Grenzen halten“, hat der Hauptausschuß mit ideologisch aufgeladenen Entscheidungen für einige Highlights gesorgt: Einen Koalitionskrach löste die 2000-Jahr-Feier aus. Gegen den erbitterten Widerstand der CDU stimmte die SPD-Fraktion mit PDS und Bündnisgrünen gegen die schon bewilligten 20,3 Millionen Mark, mit denen das Spektakel vom Land ausgestattet werden sollte. Nur 5 Millionen Mark will die SPD vorbehaltlich eines neuen Konzeptes aus der Senatskanzlei einräumen. CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky warf der „Abstimmungsgemeinschaft“ vor, „einen unhistorischen, zukunftszerstörenden und banausenhaften Eindruck“ zu vermitteln.

Bei zwei anderen Entscheidungen machte der Hauptausschuß dadurch Furore, daß die HaushälterInnen Vorlagen des Senates nicht umwarfen: Die rechtlich problematische Kürzung der Beamtenbeihilfe für ärztliche Behandlungen, die per Nachschiebeliste in den Etat rutschte, stimmte der Ausschuß gegen das Votum dreier anderer Fachausschüsse einfach durch. Die ebenfalls hart umkämpfte Zweitwohnungssteuer wollten CDU- wie SPD-Fraktion mit einer Übergangsregelung entschärfen. Da man sich jedoch nicht auf eine gemeinsame Frist einigen konnte, blieb die Steuer beschlossene Sache und speziell die Christdemokraten auf ihrer Entscheidung sitzen.

Die vorgesehene Streichung bei den Kitas konnte das Gremium dagegen nicht passieren. Nach langen Diskussionen und noch mehr engagierten Ankündigungen der sich plötzlich auf ihr soziales Erbe berufenden SPD endeten die Beratungen mit einem Kompromiß: Die Änderung im Kita-Gesetz zur Verkleinerung der Gruppengrößen wurde wieder fallengelassen. Statt dessen werden jedoch den freien Trägern 26 Millionen Mark an Platzgeldern gestrichen, die diese durch Teilzeitarbeit und andere Umschichtungen erwirtschaften müssen.

Unabhängigkeit vom Senat bewies der Ausschuß gegenüber der Bauverwaltung von Jürgen Klemann (CDU). Quasi unter dem Hintern weg zogen die ParlamentarierInnen der Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit ihren Dienstwagen. Ebenso wie der Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka muß sie in Zukunft mit einem Wagen des Fuhrparkes, der BVG oder dem Taxi fahren. Der Hauptausschuß beschloß damit eine Streichung, die schon im vergangenen Jahr auf der Tagesordnung stand.

Obwohl der Senat dem Olympiastadion keine müde Mark mehr zukommen lassen wollte – und dies auch stolz verkündet hatte – stehen jetzt dank Hauptausschuß wieder 10 Millionen im Etat. Anders erging es der elektronischen Fußfessel: Kaum hatte sich Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) auf den Weg nach Hamburg gemacht, kippten die HaushälterInnen das Geld für das Projekt in der Annahme, daß aus der bundesgesetzlichen Veränderung im kommenden Jahr noch nichts werden wird. Statt dessen werden Träger der Straffälligen- und Opferhilfe entgegen der Senatsvorlage weiter mit etwa 600.000 Mark vom Land gefördert. Auch die Volumen der sozialen Künstlerförderung und der entwicklungspolitischen Institute der Universitäten hob der Hauptausschuß wieder an. Beide sind zwar geringer ausgestattet als im vergangenen Jahr, aber durch die Entscheidungen des Hauptausschusses liegen sie zumindest in der Wahrnehmbarkeitszone. Barbara Junge