Umfrage auf dem Lande

■ Zwei Tagediebe suchen die Frau. "Western" zielt auf die Freunde des französischen Films

Cherchez la femme, toujours, lautete eins der Lieblingsmotti französischen Filmschaffens. Die Freunde des französischen Films lieben das, doch es erklärt nur recht dürftig, warum eine Liebesposse um zwei Tagediebe auf den Straßen der Bretagne der Jury in Cannes einen Preis wert war. Da mag der Titel („Western“) noch so was wie Weite und Roadmovie- Abenteuerlichkeit andeuten, die Realität according to Manuel Poirier aber hat einen empfindlichen Mangel an transzendenten Momenten. „Go west“ wird hier ganz wörtlich genommen, also Bretagne zu Fuß. Zu Anfang ist Paco (Sergi Lopez) noch ein selbstzufriedener Vertreter für Damenschuhe. Aber erst als er Nino (Sacha Bourdo) kennenlernt – der ihm das Auto klaut, ihn um Besitz und Job bringt –, erkennt er seine wahre Berufung, nämlich, so der Untertitel, „Ich such' dir eine Frau“. Nach einer Schlägerei, die Nino mit ein paar Knochenbrüchen ins Krankenhaus bringt, haben sich zwei Freunde fürs Leben gefunden, die sich von nun an durch den westlichsten Teil der bretonischen Halbinsel und das Département Finistère kumpeln.

Keiner dieser beiden hemdsärmeligen Losertypen sieht so aus, als könnte je ein „Mann, der die Frauen liebte“, aus ihm reifen. Weder der massige Paco, der aussieht, als suche er eine, die ihm die Knöppe annäht, noch der von Selbstzweifeln geplagte Nino, der seinen großen chagrin der Gitarre anvertraut – schließlich hat er sich Pacos Auto nur ausleihen wollen, um (endlich mal) eine Frau zu verführen.

An einem dieser frustreichen Abende, Tage oder beschaulichen Nachmittage in romantischer Küstenstädtchen-Atmosphäre nun ersinnen die zwei – gelegentlich Laurel-&-Hardy-mäßigen – Simpel einen, wie sie glauben, genialen Trick, um an die Frauen heranzukommen. Im Wirtshaus – wo auch sonst – wird eine Umfrage ersonnen. Also ziehen die beiden von Haus zu Haus und befragen die verblüfften Kleinstädterinnen nach ihrer Vorstellung vom „idealen Mann“. Natürlich fruchtet das Ganze wenig.

Es ist aber auch zu dumm. Da pilgern zwei erwachsene, paarungswillige Männer 15 Kilometer und kommen doch nicht recht zum Zuge. Denn hier haben die Frauen die Familie, wie die unkomplizierte Nathalie (Marie Matheron) mit einer vaterlosen Schar von nicht weniger als fünf Kindern, und sie haben die Jobs, wie Marinette (Elisabeth Vitali) – bei der Nino sich als Postillon d'amour für seinen Kumpel versucht und die diesen in eine mehrwöchige Warteschleife schickt. So gesehen erhellt sich, warum, wenn französische Männer von „Philosophie“ reden, meist doch etwas ganz anderes gemeint ist.

Es ist ein Film der kleinen Fluchten, zwischen Kuhherden und komischen Lügengeschichten aus dem fröhlichen Per-Anhalter- Leben. Einmal spielen Paco, Nino und ein Bekannter ein originelles Spiel. Es heißt „Bonjour la France“. Es gewinnt dabei, wer die Passanten am besten nervt. Das ist lustig. Lustiger jedenfalls, als den sexuellen Erlebnisgehalt an der Anzahl der verpulverten Kondome abzuzählen. Damit kann man höchstens einen Bus mit bretonischen Bauersfrauen unterhalten. Gudrun Holz

„Western“, Regie und Buch: Manuel Poirier. Kamera: Nara Keo Kosal. Mit Sergi Lopez, Sacha Bourdo, Elisabeth Vitali, Marie Matheron u.a. Frankreich 1997, 120 Minuten