Demokratie nur auf einer Etage?

■ Das Haus der Demokratie in Berlin soll geräumt werden. BvS plant Verkauf. Bestenfalls Teilnutzung für Bürgerrechtsgruppen

Berlin (taz) – Die Bürgerrechtsgruppen im Haus der Demokratie in Berlin weigern sich, das Gebäude freiwillig zu verlassen. Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) will als Treuhand-Nachfolgerin das Haus der Demokratie räumen lassen. Seit 1989 ist das Eckgebäude in der Friedrichstraße Sitz von Bürgerbewegungen wie dem Neuen Forum, inzwischen arbeiten dort 40 Vereine und Verbände. Grund der Räumungsaufforderung: Die Treuhand-Nachfolgerin will das Haus, dessen Wert auf 15 Millionen Mark geschätzt wird, verkaufen.

„Die Vertreter der Bürgerbewegung wurden reingelegt“, empört sich Christian Ströbele, Rechtsanwalt der Mieter. Nach Angaben der Stiftung Haus der Demokratie – welche das Gebäude verwaltet – war vor sechs Jahren mit Treuhand und der Unabhängigen Kommission für das Parteienvermögen etwas anderes vereinbart worden. Das Grundstück sollte einer dafür zu gründenden Gesellschaft übertragen werden – zu einem symbolischen Kaufpreis oder durch Zustiftung. „Notarielle Bestätigungen haben wir nicht. Wir haben den Verantwortlichen vertraut“, sagt Ströbele.

Vor sieben Jahren hatte ein Runder Tisch das Haus der oppositionellen Bürgerbewegung der DDR zugesprochen. Seitdem war der Zustand in der Schwebe, da die Ansprüche der Alteigentümer geklärt werden mußten. In diesem Sommer wies das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen die Ansprüche des Oberschlesischen Steinkohlesyndikat (OSS) zurück. Zwar hat das OSS Berufung angekündigt, doch es gilt als wahrscheinlich, daß die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des DDR-Parteivermögens, die letztendlich entscheidet, dem Urteil folgen wird. Im Prinzip dürfte der Übertragung des Hauses an die Stiftung nichts mehr im Wege stehen. Doch „die BvS meint, die alte Vereinbarung nicht mehr beachten zu müssen“, so Bernd Hoffmeister, Rechtsanwalt des Hauses der Demokratie gegenüber der BvS. Auch der bisherige Nutzungsvertrag, noch nach DDR-Recht geschlossen und auf unbestimmte Zeit gültig, werde von der Treuhand-Nachfolgerin nicht anerkannt. Die Begründung der BvS: Der Vertrag sei nichtig, weil er gegen das Statut der SED verstößt.

Die Stiftung Haus der Demokratie will darauf dringen, daß die früheren Versprechen eingelöst werden. Einen Teilnutzungsvertrag, wie von der BvS vorgeschlagen, lehnt sie ab. „Eine Etage Demokratie“, kommentiert die Kuratoriumsvorsitzende des Hauses der Demokratie, Jutta Braband, sarkastisch. Wie will sich die Stiftung wehren? „Wir werden uns an die politischen Gremien wenden. Und wir werden mit verschiedenen Aktion an die Öffentlichkeit gehen“, so Braband. Das Haus, das in den letzten Wochen Opfer von zwölf rätselhaften Einbrüchen wurde - gestohlen wurde nichts, nur randaliert –, hat schon einen Kaufinteressenten. Den Deutschen Beamtenbund. Karen Wientgen