„Nicht nur eine große Klappe“

■ Weltmeister Dariusz Michalczewski vor dem morgigen WM-Boxfight über schöne Künste und schlappe Kicker

Für Dariusz Tiger Michalczewski ist sein 13. WM-Kampf ein ganz besonderer. „Endlich kann ich wieder in meiner Stadt Hamburg boxen“, freut sich der 29jährige, der im polnischen Danzig aufwuchs. Der letzte Fight des WBO-Halbschwergewichts-Weltmeisters in der Hansestadt war vor über einem Jahr der Skandalkampf gegen Graciano Rocky Rocchigiani. „Das ist gegessen“, blickt der 1,84 Meter große Mann mit dem Kampfgewicht von 79 Kilogramm auf sein morgiges Duell gegen den Kanadier Daren Zenner.

taz:Vor Ihrem Triumph gegen den Maske-Killer Virgil Hill hat Ihnen keiner einen Sieg zugetraut. Selbst Tic Tac Toe haben gelästert.

Dariusz Michalczewski: Na und, soll ich deswegen vor Wut meine Tic-Tac-Toe-CDs wegwerfen? Meine beiden Söhne und ich hören die immer noch gerne, auch wenn sie damals für Hill waren. Es müssen mich nicht alle mögen.

Das dürfte Ihnen auch schwerfallen. Bei der Wahl zum „Sportler des Jahres“sind Sie nur auf Platz 17 gelandet. In Deutschland ist Axel Schulz die Nummer eins.

Die Wahl war eine Katastrophe. Axel ist erfolglos, aber lieb. Die Deutschen scheinen auf so einen zu stehen. Ich bin der erfolgreichste Boxer, den dieses Land je hatte, ob die Leute das wahrhaben wollen oder nicht. Axel ist ein netter Typ, aber Weltmeister wird er nie. Ich hätte das Zeug dazu, ein Botschafter meines Sports zu sein, wie es Boris Becker für das Tennis ist. Mein Nachteil: In Deutschland bin ich der Pole, in Polen der Deutsche. Ich stehe zwischen den Ländern.

Und Sie stehen auf den FC St. Pauli.

Ich drücke den Jungs die Daumen, daß es aufwärts geht. Aber sie müssen endlich härter sein. Die ganzen Fußballer sind zu weich. Wenn die eine Schwalbe machen, kriegen sie 'ne Prellung davon und sind verletzt. Das kotzt mich manchmal an. Bei uns Boxern gibt es so etwas nicht. Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe bei St. Pauli trainiert und konnte mithalten. Ich hab' nicht nur eine große Klappe.

Finanziell haben Sie ausgesorgt. Warum quälen Sie sich noch?

Ich mache es für meine Kinder. Die sollen es gut haben. Außerdem kenne ich keinen, der genug Geld hat. Und ich habe viele Interessen: Musik, Fußball und Kunst. Ich sammle alte Weine und gute Bilder.

Wer ist Ihr Lieblingskünstler, außer Ihrem Freund, dem Maler Bruno Bruni?

Ich bin ein Riesenfan von Horst Janssen, den finde ich toll. Das war ein lockerer Typ – hochintelligent und hemmungslos. Der wußte, wie man lebt. Die Taxifahrer haben sich geprügelt, um ihn fahren zu dürfen. Der konnte 1000 Mark Trinkgeld geben. Ich bin gerne mit Künstlern zusammen.

Sie zeichnen sensible Selbstporträts, anschließend wird der Geg-ner k.o. geschlagen. Ist das nicht schizophren?

Quatsch, Boxer sind ganz normale Menschen. Der eine ist unsympathisch, der andere klasse. Mancher ist schlau, mancher dumm.

Und was sind Sie?

Ich bin erfolgreich.

Fragen: Rainer Schäfer

WM-Kampfabend: morgen um 20 Uhr, Alsterdorfer Sporthalle; der Tigerbeißt ab circa 22.30 Uhr.