Gerichtlich Billigflagge zeigen

Hapag-Lloyd will DAG-Kritik an Ausflaggung verbieten lassen  ■ Von Beate Kranz/Kai von Appen

Hamburgs Transport- und Touristikunternehmen Hapag-Lloyd geht erstmals gerichtlich gegen Kritik an seiner Ausflaggungspolitik vor. Am Dienstag wird das Hamburger Landgericht über eine Einstweilige Verfügung entscheiden, die der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) die Behauptung verbieten soll, bei einer Ausflaggung des Luxusliners „MS Europa“würden „erhebliche Sicherheitsmängel“auftreten. Der DAG-Schiffahrtsexperte, Kapitän Frank Müller, gibt sich gelassen: Das Gegenteil werde „für Hapag-Lloyd schwer zu belegen sein“.

Auslöser für den Rechtsstreit ist ein „Informations-Blatt“der DAG, das die Beschäftigten der „MS Europa“im Oktober an die Fahrgäste verteilten. Die Vorwürfe: Hapag-Lloyd würde die „MS Europa“nach Malaysia verkaufen und anschließend das dann unter Bahamas Billigflagge fahrende Passagierschiff zunächst zurückchartern, bis ihr neuer Luxusliner „Kreuzfahrtschiff 2000“fertiggestellt sei. Für die Passagiere hieße das, daß sich trotz Zusicherung der Geschäftsleitung „hinsichtlich Qualität und Serviceleistung sowie des Sicherheitsstandards erhebliche Mängel herausstellen“würden.

Hapag-Lloyd-Sprecher Klaus Heims sieht in den Vorwürfen eine „Diffamierung“, das Flugblatt sei „objektiv unwahr und zudem geschäftsschädigend“. Der Konzernvorstand versicherte zwischenzeitlich eidesstattlich, den Sicherheitsstandard an Bord beizubehalten, der schon heute die gesetzlichen Vorgaben übertreffe.

Die DAG wird die Vorwürfe freiwillig nicht zurücknehmen: „Eine Ausflaggung macht nur Sinn, wenn man die Kostenvorteile nutzt“, so Müller. Das bedeute ausländisches Deckspersonal, das mit mit den Offizieren in Englisch kommunizieren müßte, obwohl es für alle nicht die gängige Muttersprache sei. Müller zur taz: „Versuchen Sie mal im Ernstfall, den Leuten dann schnell klarzumachen, daß alle Decken mit ins Rettungsboot nehmen sollen.“Auch wenn es mit der Besatzung bei Übungen zunächst keine Probleme gebe, „ob es wirklich klappt, sieht man erst bei einem Unglück“.

Seit Jahren stellen immer mehr deutsche Reeder ihre Schiffe unter ausländische Flagge. Grund der Fahnenflucht: Kostensenkung. Die Personalkosten unter Billigflagge liegen bis zu 50 Prozent unter dem deutschen Standard, da die Seeleute zu Heimatlohnbedingungen eingestellt werden, Lohnnebenkosten und die damit verbundenen sozialen Absicherungen der Seeleute entfallen.

Die DAG fürchtet nach dem Ausflaggungsboom im Frachtbereich nun auch eine Ausflaggungswelle in der Passagierschiffahrt. „Unter Bahama-Flagge gelten Gesetze, deren Einhaltung nicht kontrolliert wird“, so Frank Müller. Und die Erfahrung lehre: „Vorschriften, die nicht kontrolliert werden, zeigen keine Wirkung.“