■ Kommentar
: Drauf aufs Pack?

Manchmal juckt es auch mir in den Fingern. Wer sieht, wie dreiste Neonazis ungestraft Hetzparolen verbreiten dürfen, mag bedauern, daß es die Prügelstrafe nicht mehr gibt. Knüppel aus dem Sack und drauf aufs braune Pack – das scheint manchen das letzte Mittel zu sein, um den Rechtsradikalen Einhalt gebieten zu können.

Ein paar junge Männer haben gestern zumindest keinen anderen Ausweg mehr gesehen. Ihre Wut ist verständlich, das Motiv für den Anschlag bekannt. Jürgen Rieger ist ein Rassist wie er im Buche steht, ein rechtsradikaler Demagoge vor dem Herrn, der seit mehreren Jahrzehnten in der Naziszene agitiert. Doch der Rechts-Anwalt ist noch eines: Er ist schlau und geduldig.

Er weiß, daß er die gleichen Rechte hat wie jeder andere Bürger auch. Solange dem Gesinnungstäter und seinem bis zur Besinnungslosigkeit intoleranten Gefolge keine strafbare Handlung nachzuweisen ist, kann er tun und lassen, was er will. Dagegen nützt kein Schelten vermeintlich ach so blinder Richter, wenngleich das bei manchen für kurzfristige Erleichterung sorgen mag. Und der Verweis auf politisch motivierte Prozesse gegen Linke ist auch kein besonders hilfreicher.

Will wirklich jemand einer Gesinnungsjustiz das Wort reden? Etwa: gleiches Unrecht für alle? Das ist es, was Rieger & Co. am meisten helfen würde. Eine Gesellschaft, die ihre pluralistischen Grundsätze leichtfertig preisgibt. Einfach blind draufzuhauen, ist nun mal – leider? – keine Lösung.

Guido Börnsen