Psychoanalytische Dreifachkur

■ „Die mutigen Weiber“ von Hammathen im Monsun Theater

Athens Frauen, der Männerherrschaft überdrüssig, hüllen sich in die Kleider ihrer Gatten, schleichen auf den Pnyx und majorisieren die Volksversammlung. Die Weiberherrschaft wird beschlossen, und ein Dekret lautet: Welcher Mann eine schöne Frau begehrt, der muß sich zuerst bei drei alten bewähren.

Soweit die Liebesregel der Ec-clesiazusen, ein Drama von Aristophanes, das Felicitas Kukuck und Hedda Steiner als Vorlage diente. Christina Jänichen (Regie) und Altfrid Weber (musikalische Leitung) inszenierten die musikalische Farce Die mutigen Weiber von Hammathen im Monsun Theater. Das aktualisierte Stück umfaßt zwei Teile. Der kürzere zitiert Aristophanes, der längere spielt 2 400 Jahre später in Hammathen, wo die weltumspannende Organisation PAA Kongreß hält. Drei Dolmetscherinnen (Sabine Reimer, Katrin Dörband, Christina Jänichen) revoltieren gegen ihre Chefs (Robert Lindtner, Renanto Kroll, Eduardo D'Alma). Nach ihrer erfolgreichen Machtübernahme regulieren sie das Sexualleben subtiler als Aristophanes: Mann muß vor der vermeintlichen Glückseligkeit eine „psychoanalytische Dreifachkur“ absolvieren.

Das offene Ende von Aristophanes' spöttischer Herrschaftskritik wird in die Moderne verlegt. Im antiken Zitat fügen sich schön-bedrohliche Szenen in immer stärkerer bildlicher Verdichtung zusammen. Ein Triumfeminat, das nur mühsam die Balance auf einem liegenden (Welten-)Rad hält; Männer, die sich empört in archaische Riten flüchten; ein Jüngling, der am Ende von den Gewändern der alten Frauen verschlungen wird.

Im zweiten Teil dagegen springen die Bilder; statt Verbindungen werden Fragen provoziert. Das Frauentrio reißt euphorisch die Akten aus den Ordnern und präsentiert doch alte Herrschaft in neuen Kleidern, die entthronten Männer versichern sich an der Hotelbar gegenseitig ihrer Potenz und beschließen in hilflos-bierseligem Zynismus, die Ereignisse als Experiment zu betrachten. Das Pendant zum antiken Jüngling, Jean-Jacques, bietet einen esoterischen Weg zur Menschheitsrettung an, wird aber von der neuen Herrschaft nicht erhört.

In dieser Szene entstehen mit minimalen Mitteln stimmige Bilder: Während die Geschlechtsgenossen von den Absätzen der Psychologinnen niedergestöckelt werden, schleift Jean-Jacques das Gestell über die Bühne, worin er vorher psychoanalysiert wurde. In der Schlußszene jedoch wird das männliche Elend des ersten Teils vom gemischten Sextett kontrapunktiert. Als Chor der Hoffnung besingt es das Gelingen des Weltverbesserungsprojekts. Fragen bleiben eben. Folke Havekost

Freitag bis Sonntag, 20 Uhr, Monsun Theater