Rote Filme im Kornfeld

■ Die Chinesischen Film Wochen stellen die Generation Filmemacher nach der Kulturrevolution vor

In den letzten Jahren sind chinesische Filmproduktionen zunehmend in das Rampenlicht der Aufmerksamkeit gerückt und haben, ob in Cannes oder Venedig, internationale Preise gewonnen. Filme wie Lebwohl, meine Konkubine oder Rote Laterne entwickelten sich nebenbei zu Publikumsrennern und werden lange nicht mehr als exotische Zeugnisse einer fremden Welt betrachtet.

Chen Kaige, der Regisseur von Lebwohl, meine Konkubine gehört zusammen mit Zhang Yimou (Rote Laterne), Tian Zhuangzhuang (Der Pferdedieb) und Lin Miaomiao zur sogenannten „Fünften Generation“ chinesischer Filmemacher. Damit wird die erste Studentengeneration der Pekinger Filmhochschule bezeichnet, die nach der Kulturrevolution ausgebildet wurde. Sie waren die ersten, die nicht ausschließlich mit der Bildsprache des sozialistischen Realismus, sondern auch mit westlichen Einflüssen in Berührung kamen. Dieser Gruppe widmen sich schwerpunktmäßig die „Chinesischen Film Wochen“, die bis zum 18. September im Metropolis stattfinden. Mit der deutschen Erstaufführung von Familienskandal, der Geschichte einer tragischen Vater-Sohn-Beziehung, eröffnen die Filmwochen heute abend. Die Regisseurin Liu Miaomiao ist die einzige Frau und mit 32 Jahren jüngstes Mitglied der Filmemacher der „Fünften Generation“. Von Zhang Yimou wird unter anderem Leben zu sehen sein. Der Film, für den Zhang Ausreiseverbot erhielt, als er ihn letztes Jahr ohne staatliche Genehmigung in Cannes im Wettbewerb laufen ließ, erzählt anhand einer Familienchronik vier Jahrzehnte chinesischer Geschichte – vom Krieg gegen Japan bis zur Kulturrevolution. Eine andere Familiengeschichte behandelt Der blaue Drachen von Tian Zhuangzhuang. Aus der Sicht eines kleinen Jungen erfährt der Zuschauer, wie seine Mutter dreimal heiratet und als Folge der politischen Umwälzungen des Landes ebenfalls dreimal ihren Mann verliert.

Das Leben einfacher Leute diente schon den „Vätern“ der Regisseure der „Fünften Generation“ als Mittel – wenn auch zu maßvoller – Gesellschaftskritik. Einer dieser Wegbereiter, der 71jährige Xie Jin, wird als Gast erwartet. Politische Bezüge müssen allerdings nicht erst konstruiert werden, sondern ergeben sich von selbst, da in China kaum ein Lebensbereich von staatlicher Kontrolle ausgeschlossen ist. Einige Regisseure versuchen sich dem zu entziehen, indem sie ihre Filme in Hongkong oder Taiwan produzieren lassen oder aber im Ausland drehen. Zhang Yimou lehnt dies für seine Person ab. Obwohl er von der chinesischen Regierung schon mit diversen Sanktionen belegt wurde, sieht er seine Filme so eng mit der Kultur, der Geschichte und den Menschen des Landes verwoben, daß sie ihren authentischen Charakter verlieren würden, drehte er sie anderswo.

Der zweite Schwerpunkt des Festivals liegt auf dem chinesischen Kinderfilm. Unter der Federführung von Kinderkino e.V. zeigt das Metropolis an mehreren Nachmittagen Kinderfilme zum Taschengeldpreis. Kinder zahlen nur dreiMark, begleitende Erwachsene sechs Mark.

Petra Langemeyer Familienskandal: heute, 19 Uhr / Hibiskusstadt: Fr, 1. 9., 19 Uhr /Lebwohl, meine Konkubine: So, 3. 9., 19 Uhr / Der Pferdedieb: Mi, 6. 9., 21.15 Uhr