Ölschinken statt Würstchen

■ Wohlriechende Ölgemälde von Friedemann Hahn in der Weserburg

Wenn Künstler erzählen! Wie kam Friedemann Hahn auf die Idee Hollywood-Filmszenen – mit Figuren nicht unter dem Kultstatus von Humphrey Bogart – zu malen? Als junger Mann sei er die Standardthemen, die an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, Außenstelle Freiburg, gelehrt wurden – in den frühen 70ern angeblich noch Interieurs und Stilleben (können wir das glauben?) – leid gewesen. Das Verfremden von Filmfotos aus TV-Zeitschriften war da mal was anderes, so wie ein Schnitzel nach einer Woche Würstchenessen. Also keine Entscheidung für etwas, sondern eine gegen etwas. Gemeiner formuliert: Handeln nicht aus Interesse, sondern aus Abneigung, ohne Herzensanliegen.

Weshalb schwenkte Hahn 15 Jahre später um auf die Darstellung verstorbener Malerstars, van Gogh, Monet, Munch? Das Filmstarthema war verbraucht. Es war „der Versuch, aus einer Sache, die eine zu große Enge bedeutete, auszubrechen.“Und warum wohl stecken die popart-knalligen Riesenformate in einem behäbig daherkommenden Ausstellungs-Katolog mit gelbem, „elfenbeinfarbenem“(!) Papier, tannengrünem Leinenumschlag und römischen Seitenzahlen? Genau. Ein Bruch um des Bruches willen. Manchmal scheint die Kunst den Gesetzen der Mode zu gehorchen. Neuheit verkommt zum Selbstzweck. Gerne redet Hahn über die Unterschiede zwischen dem originalen Filmfoto und seinen Bildern, den scherenschnittartigen Konturen, den unterschiedlichen malerischen Gesten, mal von Modigliani-Glätte, mal weichzeichnerverschwommen. Der Zweck der Verfremdung erschließt sich kaum.

Die grandiosen „Filmstills“von Cindy Sherman, verhuschte Fotos hochaufgeladener (fiktiver) Filmszenen, zeigen, daß Kunst durchaus etwas sagen kann – über den Hollywoodfilm, über seine Inszenierung von Geschlechterrollen zum Beispiel, oder über sein Generieren von Lebensträumen.

Alles Reiben an Vor-Bildern, und sei es denen des Films, ist ein Ausleihen von Intensitäten. Aber nicht einmal das funktioniert bei Hahn zuverlässig. Mit Bogarts Bild zieht noch lange keine Chandler-Melancholie herauf, und die Helden des französischen Films können keine nouvelle vague-Stimmung beschwören.

Das eigentlich Ärgerliche an der Ausstellung: Trotz Hahns Interesselosigkeit, hängen in den zwei großen Räumen des Erdgeschosses der Weserburg einige wunderschöne Bilder. Neben einem Kitsch-van-Gogh, der in lieblos auf die Leinwand geklatschten abstrakten Wahnsinnsgesten schwimmt, gib es eben auch wunderbare Bilder von Schiffsmonstern. Und ein sprechendes Munchporträt: Der Maler mit festem, forschendem Blick in bürgerlich-zusammengenommener Kluft wird konfrontiert mit seinem Modell in schamhafter, zarter, verletztlicher Nacktheit. Das Malen als voyeuristischer Akt, fragwürdig und schön. Sagen tut Hahn dazu aber nur, daß echte, athentische Fotos seine Vorlage waren.

Oft scheint Hahn einfach die üblichen zeitgeistigen Mittel einzusetzen ohne Ziel: querständige Farben, Zusammenpuzzeln mehrerer Leinwände zu einem Bild, jungwilde Strichzerstückelungen. Manchmal entstehen mit dieser Zufallsmethode richtig gute Bilder. bk

bis 1. März