Für mehr Spaß zur Bundeswehr

Für Deutschlands einzige Weltklasse-Gewichtheberin Monique Riesterer ist die WM nur eine Station. Als Vollprofi will sie bei Olympia medaillenreif sein  ■ Aus Chiang Mai Thomas Schreyer

Kaum jemand nimmt Notiz davon, daß im thailändischen Chiang Mai – neben den Titelkämpfen der Männer – auch die Weltmeisterschaften der Gewichtheberinnen ausgetragen werden. Dabei sind es bereits die elften. Mehr noch: In Sydney 2000 werden die Gewichtheberinnen regulär ins Programm der Olympischen Spiele aufgenommen. Dann wird in zehn Männer- und fünf Frauen-Gewichtsklassen gehoben werden. Der Internationale Gewichtheberverband vertritt dann jene Sportart, in der es die meisten Medaillen – nämlich 135 – zu gewinnen gibt. Viele nationale Verbände haben sofort reagiert, besonders intensiv der chinesische, für den Ju Hua gestern den Zweikampftitel in der Klasse bis 76 kg mit Weltrekord (247,5 kg) gewann. Chinas Frauen haben damit fünf der bisher acht vergebenen WM-Titel im Zweikampf und 7 von 16 Goldmedaillen in Einzeldisziplinen gewonnen.

„Die Top-Frauen“, sagt Monique Riesterer, „sind doch alle Profis und haben keinen Beruf nebenher.“ Das wird ihr am heutigen Samstag zu schaffen machen, wenn sie an die Hantel muß. Die Schwergewichtlerin Riesterer (26) vom KSV Lörrach ist mit 50 internationalen Medaillen, 50 deutschen Rekorden, ununterbrochenen deutschen Meistertiteln seit 1989 sowie als Inhaberin des deutschen und des europäischen Rekordes die Vorzeigeathletin im Bundesverband Deutscher Gewichtheber.

Aber mit ihren acht Trainingsstunden pro Woche, absolviert nach Feierabend, hinkt sie der internationalen Entwicklung hinterher. „Zweimal am Tag ist die Regel“, hat Riesterer ermittelt. Freilich provoziert die aktuelle Situation auch Eigenlob: „Wenn ich mir ansehe, mit welchem Aufwand die anderen nach vorne kommen, liege ich mit meinem Feierabendtraining nicht schlecht.“

Aber auch Riesterer hat auf die olympische Zukunft reagiert. Ende des Jahres gab sie ihren Beruf als Offsetdruckerin auf – zumindest vorerst. Im neuen Jahr tritt sie in Roth bei Nürnberg zur Grundausbildung bei der Bundeswehr an. Danach will sie zweimal am Tag in der Sportfördergruppe Eisen stemmen, um bis Sydney optimal vorbereitet zu sein. Chiang Mai erscheint ihr als Zwischenstation – deshalb nimmt sie es relativ gelassen hin, daß eine Medaille eher unwahrscheinlich ist.

Riesterer hatte zu Beginn ihrer Karriere oft „gar keine richtige Lust“, sich mit den schweren Scheiben zu plagen. Bruder und Vater haben sie zu dem Sport gebracht, sie ist „einfach hineingerutscht“, bis sie merkte, „daß es Spaß macht“. Riesterer lacht gerne und richtig herzhaft. Spaß und die Lust am Medaillensegen, sagt sie, stünden im Vordergrund.

Bei ihren Konkurrentinnen scheinen andere Faktoren mitzuwirken. Da tauchen plötzlich Gewichtheberinnen aus Ländern auf, die sportlich bislang nicht aufgefallen sind und unter rigoroser Männerherrschaft stehen. Gerade für Frauen aus asiatischen Ländern (Indien, Birma u.a.) scheint diese Sportart offenbar eine Gelegenheit zu bieten, sich in einer Männerdomäne zu behaupten.

Auffallend ist, daß einige Frauen mit ungewöhnlich tiefer Stimme an das Gerät gehen. Dabei ist allein das Wort „Doping“ schon verpönt im internationalen Verband, der nach den Skandalen der Vergangenheit äußerst bemüht ist, sauber zu erscheinen.

Während in Deutschland der Bundesliga-Gewichtheber Thomas Reinhardt gestern die Einnahme des anabolen Steroids Stanozolol zugegeben hat, wurde in Chiang Mai bislang kein einziger Dopingfall bekannt. Heißen muß das nichts.