■ Bonn apart
: Zu alt für Deutschland

Erinnern wir uns an die DDR. Wenigstens an einem Tag im Jahr wollen wir uns daran erinnern, wie glücklich wir sein müssen, daß es diesen menschenverachtenden, überbürokratisierten Staat nicht mehr gibt. Erinnern wir uns mit wohligem Schaudern an das stundenlange Im-Stau- Stehen vor den Grenzübergängen, das Flutlicht, die Teleskopspiegel, die deutschen Schäferhunde, die griesgrämigen Grenzsoldaten und, ganz schlimm, die Tempo-100-Schilder.

Gut, daß dieses unwürdige Spektakel auf deutschem Boden vorbei ist. Für immer. Unwiderruflich. Nicht wahr? Die DDR war ja irgendwie nur ein Betriebsunfall der Geschichte. Überbordende Bürokratie und Schikanen gehören der Vergangenheit an, ist es nicht so?

Eine 68jährige türkische Großmtter wollte ihre Familie in Deutschland besuchen. Sie legte der deutschen Botschaft in der Türkei eine Einladung vor, eine Verpflichtungserklärung, in die Türkei zurückzukehren, die Lohnbescheinigung des Sohnes, seine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung, die Auslandskrankenversicherung, ein Rückflugticket und den Nachweis einer größeren Kaution. Das ist nämlich für eine Einreise in die BRD alles erforderlich.

Sie brachte nicht bei: ein zahnärztliches Gutachten, die eidesstattliche Versicherung, keinen Deutschen zu heiraten, eine Verpflichtungserklärung, ihr Kopftuch nicht in der Öffentlichkeit zu tragen und die notariell beglaubigte Absicht, nicht an Kurdendemonstrationen teilzunehmen und erst recht nicht für mehr Muezzine in deutschen Städten einzutreten. Ihre Einreise wurde abgelehnt.

Nicht zuletzt wegen des fortgeschrittenen Alters der Antragstellerin, hieß es, bestünden erhebliche Zweifel, daß sie in ihr Heimatland zurückkehre. Da half auch nicht das Argument, sie werde dem deutschen Steuerzahler altersbedingt zumindest nicht lange zur Last fallen. Auch der Petitionsausschuß des deutschen Bundestages schloß sich der Ablehnung mit der Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion an. Alles DDR oder was? Markus Franz