Ruf der Bundeswehr soll gerettet werden

Mitglieder des Verteidigungsausschusses untersuchen Roeder-Affäre. SPD-Wehrexperte Kolbow: Minister Rühe bekommt eine „faire Chance“. CDU-Staatssekretär spricht von Medienkampagne  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Der Verteidigungsausschuß hat sich gestern auf Antrag von SPD und Grünen selbst als Untersuchungsausschuß eingesetzt, der die Affäre um den Vortrag des Rechtsextremisten Roeder an der Führungsakademie und andere Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund bei der Bundeswehr klären soll. „Dies soll keine Wahlkampfveranstaltung werden“, betonte SPD-Wehrexperte Walter Kolbow nach der Sitzung. Es gehe um die Begrenzung des „verheerenden“ Schadens, der angerichtet worden sei. „Der Minister bekommt seine faire Chance. Er ist ein integrer Mann.“

Verteidigungsminister Volker Rühe wollte zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses keine Stellungnahme abgeben. „Das habe ich nicht zu beurteilen“, sagte er vor Journalisten. Er sehe „keine strukturellen Defizite“ in seinem Bereich. Erneut wandte sich Rühe dagegen, die Bundeswehr unter „Generalverdacht“ zu stellen. Anlaß für einen Rücktritt sieht er nicht: „Ich nehme meine Verantwortung wahr.“

Die Anlagen zu dem Schreiben, mit dem Roeder persönlich Bundeswehrmaterial beantragt hatte, wertete der Minister als „ausgesprochen entlastend“. Es gehe daraus hervor, wie viele Personen der Neonazi über seine wahren Absichten getäuscht habe. Roeder hatte seinem Antrag ein Empfehlungsschreiben des Regierungschefs der Administration im Gebiet Kaliningrad beigefügt. Auch eine Vorläufige Bescheinigung der Gemeinnützigkeit seiner Organisation, ausgestellt von einem hessischen Finanzamt, legte er bei.

Zu einem Bericht der Süddeutschen Zeitung, in dem der Mitbegründer der rechtsextremen „Republikaner“, Franz Schönhuber, von intensiven Kontakten zu hochrangigen Offizieren bis hinauf in den Generalsrang sprach, sagte Rühe: „Wenn Sie sich mal angucken, aus welchem Spektrum die kommen, werden Sie vielleicht ein bißchen nachdenklicher.“ Was er damit meinte, erläuterte er nicht.

Eine neue Sicht der Affäre hat der CDU-Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium, Klaus- Jürgen Hedrich. Er sieht in den Berichten über Vorfälle mit rechtradikalem Hintergrund eine „gezielte Kampagne gegen die Bundeswehr“. Schuld sind nach seiner Meinung die Journalisten: „Dabei spielten offenbar diejenigen Medien und einzelne Protagonisten aus dem linken Spektrum eine besondere Rolle, die sich letztlich nie mit Deutschlands freiheitlicher, pluralistischer und demokratischer Grundstruktur hätten anfreunden können.“

Rühe und Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig haben sich unterdessen darauf geeinigt, noch in dieser Legislaturperiode das Wehrpflichtgesetz so zu ändern, daß die Bundeswehr mehr Informationen über Straftaten von Wehrpflichtigen und Rekruten erhält.