Ein Studiengang mit Chance zum Umsteigen

■ Hamburger Architektenausbildung: TU Harburg offeriert pfiffiges Lösungskonzept

Wenn zwei sich einig sind, ärgert sich die Dritte: Adrienne Goehler, Chefin der Hochschule für bildende Künste (HfbK), erlitt jetzt einen heftigen Rückschlag bei ihrem Versuch, an der HfBK auf Kosten der TU Harburg und der Fachhochschule eine elitäre Bauakademie zu gründen. TU-Chef Hauke Trinks präsentierte in Absprache mit FH-Präsident Rolf Dalheimer einen Gegenentwurf, der aller Voraussicht nach bei Wissenschaftssenatorin Krista Sager auf großes Wohlwollen stoßen wird.

Ohne zusätzliche Mittel – die TU will intern Stellen umschichten – soll hier ein vollständiges Studium für Planer, Bauingenieure und Architekten absolviert werden können. Gegliedert in ein sechssemestriges Grundstudium (Abschluß: „Bachelor“) und ein dreisemestriges Hauptstudium (Abschluß: „Master“beziehungsweise Universitäts-Diplom) soll der neue Studiengang den Studierenden vielfache Kombinationsmöglichkeiten bieten. Trinks: „Wir haben uns damit vom Schornsteinprinzip verabschiedet – wir bieten ein Verkehrssystem, bei welchem an den Haltestellen umgestiegen werden kann.“

Umgestiegen werden kann nicht nur an der TU selbst. Mit ausländischen Hochschulen soll die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen verabredet werden. Trinks plädiert für eine „Kooperation, bei der jede Hamburger Hochschule ihre Stärken einbringt. Die HfBK könnte einen hervorragenden dreisemestrigen Masterstudiengang mit künstlerischem Schwerkpunkt anbieten.“Und er ist sich sicher: „Unser Vorschlag paßt in die rot-grüne Koalition.“Wollte Ex-Bürgermeister Henning Voscherau die TU noch möglichst auf High-Tech reduziert und die HfBK auf Weltniveau-Architektur geliftet sehen, so steht das neue „Angebot“laut Trinks für „eine Architektur und Planung, die den Menschen einbezieht“. Und TU-Wissenschaftler Dieter Läpple freut sich: „Damit zeigt die TU, daß nicht nur Mikroelektronik, sondern auch Stadt- und Verkehrsplanung für die Entwicklung der Region von höchster Wichtigkeit sind.“

Voscheraus Vorstoß zur Neuausrichtung des Architekturstudiums, den er im Frühjahr 1997 Oberbaudirektor Egbert Kossak mittels einer Kommission entwickeln ließ, könnte sich jetzt ins Gegenteil verkehren: Statt die lästigen Planer loszuwerden, könnten sie gestärkt aus dem Streit hervorgehen. Läpple fröhlich: „Ohne das Kossak-Gutachten wären wir nicht in so kurzer Zeit so weit gekommen.“

Adrienne Goehler, die, ganz im Geiste der Kossak-Vorschläge, Anfang November mit der Benennung des Stararchitekten Meinhard Gerkan als Gründungsdekan für ihre neue Bauakademie vorgesprescht war, dürfte nun im Regen stehen. Krista Sager über Goehlers Vorstoß: „Ich werde jetzt nicht über die Medien abschließende Urteile verkünden. Eines wird aber sicher nicht funktionieren: Vollendete Tatsachen von Hochschulseite schaffen und glauben, daß die Politik dem dann nur folgen muß.“Die Entscheidung soll laut Sager Anfang 1998 fallen „nach einem konstruktiven Diskurs mit den betroffenen Hochschulen“.

Florian Marten