Auf Du und Du mit Arbeitsförderung
: Vorsicht Abfindungen!

■ Neuordnung der Arbeitsförderung beendet den „sanften Personalabbau“

„Beschäftigte und Betriebsräte, aufgepaßt!“, lautete die Mahnung der Arbeitsrechtler, die der Arbeitskreis Stahlwerke der IG Metall dieser Tage ins DGB-Haus nach Delmenhorst einlud, um über Änderungen des Arbeitsfördergesetzes zu informieren: Ab dem 1. Januar bergen Aufhebungsverträge mit Abfindungsregelung neue Risiken, mit dem bisherigen „sanften“Personalabbau sei es dann vorbei.

Gleitende Übergänge, wie sie Werner Alers noch erlebt hat, sollen nicht mehr möglich sein. Der 55jährige Schichtarbeiter ist einer der letzten, die über den zum 31. Dezember vom Vorstand gekündigten Sozialplan der Stahlwerke Bremen ausscheiden durften. Jetzt ist er arbeitslos und erhält einen Großteil seiner monatlichen Einkünfte vom Arbeitsamt, mit dem er aber selber keinen Kontakt hält. Die Formalitäten besorgt die Hütte: sie überbrückt Sperr- und Ruhezeiten, führt Sozialversicherungsbeiträge ab und stockt die Leistungen des Arbeitsamtes auf 85 Prozent des letzten Nettolohnes auf, bis Alers das Rentenalter erreicht hat.

Diese Kombination von Leistungen aus Arbeitslosenbezügen und betrieblichen Leistungen funktioniere künftig nicht mehr, warnte Johannes Steffen von der Arbeiterkammer Bremen. Bei den kommenden Verhandlungen müßten die Betriebsräte äußerst vorsichtig sein, zumal die Stahlwerke bereits rund 100 Beschäftigten neue Aufhebungsverträge angeboten hat: Sämtliche Zuschüsse der Betriebe gelten nun als Nebeneinkommen und werden auf das Arbeitslosengeld angerechnet – je nach Alter zwischen 50 und 75 Prozent der Abfindung auf 50 Prozent des Arbeitslosengeldes. Konkret: Ein 57jähriger Stahlwerker mit einem Bruttolohn von 3.700 Mark (netto 2.700) hätte Anspruch auf eine Abfindung von 56.000 Mark, dürfte jedoch nur rund 25.000 davon behalten, die restlichen 31.000 Mark würden mit der Hälfte des Arbeitslosengeldes verrechnet. Statt 32 Monate lang 2.000 Mark, bekäme er 31 Monate lang nur 1.000 Mark vom Arbeitsamt.

Zudem, so Steffen weiter, gebe es bei Aufhebungsverträgen auch Sperr- und Ruhezeiten beim Arbeitslosengeld. Die Betroffenen müßten dann nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern auch den ausfallenden Sozialversicherungsschutz selber zahlen.

Die nächste Hürde lauere bei der Arbeitslosenhilfe, ergänzte Georg Schraff von der Angestelltenkammer Bremen. Ebenfalls zum 1. Januar werde die Bedürftigkeitsprüfung verschärft. Wer ledig ist und mehr als 8.000 Mark von seiner Abfindung übrig behält, muß mit Kürzungen rechnen. Sogar für den Schmuck der Ehepartner interessiere sich das Arbeitsamt mittlerweile.

Michael Hollmann