Potsdams Baustadtrat droht Rauswurf

■ Staatsanwalt ermittelt gegen SPD-Baustadtrat Detlef Kaminski wegen Korruptionsverdacht. PDS und CDU gemeinsam für Abwahl

Berlin (taz) – Die brandenburgische SPD kommt erneut in Bedrängnis. Nach der „Backstubenaffäre“ und dem Rücktritt von Landwirtschaftsminister Edwin Zimmermann sowie der umstrittenen Vergabepraxis von rund 30 Millionen Mark an die Beraterfirma BBJ durch Arbeitsministerin Regine Hildebrandt, wird nun Potsdams Baustadtrat Detlef Kaminski zum Skandalon. Die Potsdamer Staatsanwalt ermittelt seit vergangener Woche gegen Kaminski wegen möglicher Vorteilsnahme im Amt.

Dem Baustadtrat wird vorgeworfen, bei einem Bauprojekt 1992 direkten Einfluß auf die Grundstücksvergabe und Baugenehmigung an die Bayerische Vereinsbank genommen zu haben. Bei dem Millionendeal soll sich Kaminski im Gegenzug die Option für eine ungewöhnlich preisgünstige Eigentumswohnung „in Toplage“ gesichert haben. Zugleich trifft ihn der Vorwurf, er habe Konkurrenzangebote anderer Bewerber, darunter die Dresdner Bank, „aktiv“ abgewehrt. Neben dem gerichtlichen Verfahren droht Kaminski – tritt er nicht selbst zurück – im Januar 1998 das vorzeitige Aus im Potsdamer Rathaus. Denn nach der CDU hat sich nun auch die PDS für die Abwahl entschieden. „Wer unter einem derartigen Verdacht der Vorteilsnahme steht“, sagte der PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, „ist nicht mehr frei in seinen Entscheidungen.“

Die PDS als stärkste Fraktion im Rathaus verfügt gemeinsam mit der CDU, Bündnis 90/Die Grünen und dem Bürgerbündnis über die notwendige Zweidrittelmehrheit für einen Sturz Kaminskis. Die beiden Bündnisparteien hatten bereits vor 14 Tagen die Suspendierung des Baustadtrats verlangt, der ihrer Ansicht nach schon mehrfach eigenmächtig Grundstücke finanzkräftigen Investoren regelrecht nachgeworfen habe – zum Nachteil der historischen Stadtlandschaft Potsdams.

Kaminski gilt als „der heimliche Oberbürgermeister“ der Landeshauptstadt. Der mächtige SPD- Bauexperte hatte in den vergangenen sieben Jahren Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund acht Milliarden Mark angeschoben. In die Kritik geraten war Kaminski besonders, als er Anfang 1997 die Planung des riesigen Potsdam-Centers am Rande der historischen Stadtmitte forcierte, obwohl die Unesco damit drohte, beim Bau des Gewerbe- und Einkaufparks die einstige Preußenresidenz von der „Weltkulturerbe- Liste“ zu streichen. Außerdem unterstützte Kaminski die Räumung besetzter Häuser in der Potsdamer Altstadt, um Raum für potente Mieter zu schaffen.

Nach Angaben der PDS-Geschäftsführerin Sigrid Müller geht die Abwahlentscheidung auf die Aktenprüfung durch den juristischen Berater der Fraktion, Wilfried Ruppert, zurück. Ruppert habe nachgewiesen, daß sowohl Kaminski als auch Oberbürgermeister Horst Gramlich (SPD) vor dem Hauptausschuß offenbar falsche und widersprüchliche Aussagen gemacht hätten. Während PDS-Parteichef Lothar Bisky den Rücktritt Kamimskis für „unumgänglich“ hält und das Bürgerbündnis mit der Abwahl Kaminskis und Gramlichs „den doppelten Befreiungsschlag“ für Potsdam fordert, will die SPD den Fall aussitzen. So riet der SPD-Landesvorsitzende Steffen Reiche, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abzuwarten. Auch die SPD im Rathaus lehnt die Abwahl strikt ab. Nach den bisherigen Erkenntnissen, heißt es aus der Fraktion, gebe es keinen Anlaß „zur Änderung unserer Position“.

Kaminski sieht ebenfalls keinen Grund zurückzutreten. Bis zum Abwahltermin im Januar bleibt ihm genügend Zeit nachzudenken. Rolf Lautenschläger