Für eine „stolze Armee“

■ „Ini wehrpflichtiger Skins“verteilt vor Harburger Kaserne rechte Propaganda

Noch kurz bevor sich Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) gestern bei einem Blitzbesuch in der Bundeswehrführungsakademie um Schadensbegrenzung bemühte, haben Rechtsradikale versucht, aus der Affäre um den Auftritt des militanten Neonazis Manfred Roeder in der Hamburger Bundeswehrhochschule Kapital zu schlagen. Gezielt verteilten rund zwanzig Rechtsradikale am Sonntagabend vor der Fischbeker Röttiger-Kaserne in Rühes Wahlkreis Harburg Neonazipropaganda.

„Wir wollen eine freie, stolze, starke Armee“, hieß es da. Unterzeichnet waren die Pamphlete vom sogenannten „BW-Koordinationsausschuß rechts um“. Angeschlossen hatten sich angeblich Gruppen mit Namen wie „Ini wehrpflichtiger Skinheads“oder „Arbeitskreis nationaler Reservisten“.

„Eine reine Provokation“, kommentierte gestern Polizeisprecher Hartmut Kapp. Derartige Gruppen seien Phantasiegebilde und bisher nicht in organisierter Form aufgetreten. Am Sonntag nahm die Polizei von sechs Personen die Personalien auf. „Alle sechs“, so Kapp, „waren keine Soldaten“.

Verteidigungsminister Rühe forderte unterdessen seine Offiziere auf, alle „rechtsextremistischen Vorfälle“zu melden. Er wolle „richtige Offiziere“und „keine Jasager“. Rühe: „Ich will Leute haben, die offen, kreativ und kritisch sind.“Vorwürfe, es fehle den Soldaten an gesellschaftspolitischer Schulung, wies der Minister zurück. Die Bundeswehr könne nicht für gesellschaftliche Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht werden. Rühe analog zu Ex-SPD-Kanzler Willy Brandt: „Die Bundeswehr ist nicht die Schule der Nation, die Schule ist die Schule der Nation.“ pemü/kva

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