Streik oder Weihnachtsferien?

Die studentischen Aktionen gehen weiter. Dennoch flaut der Streik ab  ■ Von Ralf Streck

Der Streik von SchülerInnen und StudentInnen wird immer verspielter: Gestern verwandelte sich der Gerhart-Hauptmann-Platz unverhofft in einen Schulhof. Rund 150 FachschülerInnen für Sozialpädagogik standen sich in zwei Gruppen gegenüber und skandierten: „Theo, Theo, wie groß ist das Finanzloch?“– „Zehn Milliarden“, lautete die Antwort. „Und wie kommt man rüber?“– „Augen zu und durch!“Auch eine Lösungsstrategie für die Finanzmisere des Bildungswesens. Und um die gleich plastisch vorzuführen, irrten die SchülerInnen anschließend mit geschlossenen Augen blind über den Platz, um das Weihnachtspublikum aufzumischen. „Wenn die sich solche Allüren im Berufsleben erlauben“, empörte sich eine Dame im Pelzmantel, „fliegen sie sofort raus“. Doch das beirrte die SchülerInnen nicht, denn ihr Problem ist es angesichts des Sozialabbaus, nach der Ausbildung überhaupt einen Job zu bekommen.

Gleich um die Ecke eroberte sich derweil ein rechtspolitisches Seminar der Universität das Rathausfoyer. Hans Joachim Lietzmann, Gastprofessor bei den Politikwissenschaftlern der Uni Hamburg, und seine StudentInnen, luden zum öffentlichen Seminar. „Es geht darum festzustellen, wie weit Meinungsfreiheit gehen kann“, erklärte Lietzmann die Aktion. Und die ging gestern wohl weit. Nach einer kurzen Debatte mit Holger Lange, dem Leiter des Bürgermeisterbüros, durfte die Gruppe im Rathaus tagen. Zur Debatte stand die „Politik des Bundesverfassungsgerichts“. Die rechtspolitischen Sprecher aller Parteien erschienen trotz expliziter Einladung nicht zur Diskussion.

Während der Streik auf Straßen und Plätzen immer noch StudentInnen und Schüler mobilisieren kann, erlahmt das Interesse in den Hochschulen. Knapp 50 StudentInnen besuchten die Streikversammlung der Hochschule für Wirtschaft und Politik. Nur 100 Studierende verloren sich ab 13 Uhr im Audimax der Uni, um über die Inhalte des Streiks zu diskutieren. „Ich gebe es ja nicht gerne zu“, erklärte der hochschulpolitische Sprecher des Asta, Uwe Giffei, „aber ich glaube, einige Komilitonen nutzen den Streik als verlängerte Weihnachtsferien“.

Dafür werden wenigstens Hamburgs SchülerInnen aktiv. Am Morgen besetzten einige hundert von ihnen die Erich-Kästner-Gesamtschule, am Nachmittag schloß sich die Farmsen-Gesamtschule an. Beide Schulen blieben auch über Nacht besetzt. „So eine Beteiligung an Aktionen hat es lange nicht gegeben“, begeisterte sich Steven Galling, Sprecher der Schülerkammer Hamburg. Die GEW solidarisierte sich prompt mit den streikenden SchülerInnen. In einer Presserklärung rief sie die LehrerInnen auf, Schüleraktionen zu unterstützen.