Wirtschaft sind Arme und Reiche

■ Schüler aus Tenever lernen im Unterricht Erschreckendes über die Steuer

Ihre Schule liegt am Schnittpunkt zwischen Reich und Arm: Jenseits des Schulzentrums Walliser Straße ragen die Sozialwohnungstürme Tenevers in die Höhe. Auf der anderen Seite erstrecken sich die Reihenhäuser und Villen von Osterholz. Arm und Reich in Deutschland, dazu Steuern und Statistiken: Das ist das Thema eines Projekts, mit dem sich sechs Gymnasiasten der Wirtschaft, ihrem Leistungsfach, nähern. Mit einer Wanderausstellung im Schulfoyer informieren die 16- und 17jährigen ihre Mitschüler, zu einer Podiumsdiskussion haben Politiker aus der Bürgerschaft ihr Kommen zugesagt.

Mit ihrem Lehrer Wolfram Stein haben sie diverse Nachmittage mit der Konzeption verbracht, haben geschnitten, geklebt, im Internet recherchiert und mit Experten gesprochen. „Das ist hier fast schon wie unter Arbeitskollegen“, sagt Tomek Lenz aus Tenever.

Dabei haben sie natürlich gestritten: Schließlich ist Tomek SPD-Anhänger, sein Mitstreiter in der Steuergruppe, Christian Conreder, bevorzugt die CDU. Adam Schmidt fühlt sich der FDP nahe, Janos Schwellbach und Sven Böhmer liegen politisch gesehen irgendwo dazwischen. Die einzige Schülerin, Anika Wallner, ist die Radikale in der Gruppe.

Sie hat sich mit den Armen beschäftigt: Sie und Sven haben herausgefunden, daß nur 28 Prozent der Sozialhilfeempfänger überhaupt arbeitsfähig sind, daß Menschen in Tenever im Schnitt vier Jahre eher sterben als Bremer aus anderen Stadtteilen, daß „viele Kinder gleich arm ist“und daß die Aushilfe im Baumarkt nur wenig mehr verdient als die Sozialhilfe.

Damit sich ihre Mitschüler das Sozialhilfe-Leben vorstellen können, haben sie in der Ausstellung den Sozialhilfe-Warenkorb aufgestellt: Pro Tag 15 Gramm Käse, 16 Blatt Toilettenpapier usw.

Die Reichen-Forscher unter den sechs haben andere Erfahrungen gemacht: Die Datenlage ist äußerst dünn, Geld ist diskret. „Es ist nicht mal zu ermitteln, wieviele Millionäre es in Deutschland gibt“, sagt Janos, „das ist doch ein Ding“. Tomek und Christian haben sich das Steuersystem angesehen und dabei festgestellt, „was da verschenkt wird an die Reichen“, sagt Tomek. Wie Unternehmen ihre Gewinne ins Ausland verlagern und so deutsche Steuern sparen. Bei einem Finanzmakler ließ sich die Gruppe zeigen, wie man eine fiktive Erbschaft von 20 Millionen Mark seriös und legal am Fiskus vorbeimanövriert. Das Fazit der Jugendlichen: „Erschreckend“. jof

Diskussion mit Abgeordneten morgen (17. Dezember), 11 Uhr 40 im Schulzentrum Walliser Straße.