Atomstrom, ja danke?

■ PreAG will offensichtlich Mehrheit bei Stadtwerken erringen / Grüne fürchten um umweltfreundliche Energiepolitik Bremens

Das Atomstromvorhaben von Stadtwerke-Chef Gerhard Jochum stößt bei den Bremer Grünen auf Kritik. Der Manager hatte angekündigt, aus wirtschaftlichen Gründen den Eigenanteil an der Stromproduktion – zur Zeit etwa 90 Prozent – zu senken. Einen Einkauf von PreAG-Atomstrom schließt er künftig nicht aus. Der Grüne Arendt Hindriksen, Mitglied im Stadtwerke-Aufsichtsrat, verweist deshalb auf die Stadtwerkesatzung. Wirtschaftlichkeit, Umweltschutz und Versorgungssicherheit sollten gleichrangige Unternehmensziele sein, heißt es da.

Hindriksen fragt sich, ob sich Jochum dieser Vorgabe noch verpflichtet fühlt. Bremen soll weiter Mehrheitsaktionär bleiben, damit „auch künftig eine umweltfreundliche Energiepolitik Ziel sein wird“, fordert deshalb Hindriksen.

Unterdessen verdichten sich jedoch Anzeichen, daß dieser von Finanzsenator Hartmut Perschau ins Gespräch gebrachte weitere Anteilsverkauf von 25 Prozent nicht nur eine erste Idee zur Sanierung des Haushaltes ist. Offensichtlich stecken dahinter bereits konkrete Pläne. Angeblich soll Stadtwerke-Chef Jochum Perschau den Vorschlag höchstpersönlich eingetrichtert haben. Denn in Branchenkreisen gilt als sicher: Das belgische Unternehmen Powerfin, derzeit mit 12,5 Prozent an den Stadtwerken beteiligt, will seinen reinen Kapitalanteil loswerden. Dafür sollen die Hamburger Elektrizitätswerke (HEW) mit mindestens 25 Prozent einsteigen. An den HEW wiederum ist die PreAG beteiligt, die bereits 24,9 Prozent der Stadtwerke hält und aus kartellrechtlichen Gründen um weitere Anteile des Bremer Energieversorgers nicht mitbieten darf. „Zu laufenden Prozessen machen wir keine Angaben“, kommentierte Stadtwerke-Sprecher Andreas Brunner.

Dabei würde es vor diesem Hintergrund Sinn machen, eigene Stromkapazitäten abzubauen und PreAG-Atomstrom einzukaufen. Einzelne Blöcke des Hafenkohlekraftwerks könnten geschlossen werden. Über solche Modelle denke man tatsächlich nach, heißt es bei den Stadtwerken.

Dies fügt sich auch ins Bild um den abgelaufenen Vertrag mit den Stahlwerken. Bei den Stadtwerken wird zur Zeit ein Angebot für eine weitere Zusammenarbeit ausformuliert. Die ist finanziell nicht sehr ertragreich. Allerdings liefern die Stahlwerke erhebliche Mengen Gichtgas, die die Stadtwerke verstromen. Daraus entsteht Dreh-strom für die Bahn AG und schlußendlich Profit, auch wenn der Stromverkauf selbst an die Stahlwerke kaum Gewinn einbringt. „Darum verstehe ich Perschaus Verkaufsargument nicht, der Stadtwerke-Wert sinkt, weil die Zukunft mit den Stahlwerken ungewiß ist“, kritisiert der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Richard Harbort.

Wird der Vertrag nicht verlängert, kommt die angepeilte Kapazitätsreduktion erst recht voll zum Tragen. Außerdem könnten die Stadtwerke bei anderen Stromlieferanten oder den Stahlwerken Gebühren für die Überlandleitungen verlangen. Jens Tittmann