Kampf der Kino-Kolosse ohne Happy-End

■ Wenn übermorgen das Cinemaxx-Colosseum in Prenzlauer Berg eröffnet, geht der Kampf um den Kinomarkt in eine neue Runde. Jüngstes Opfer: die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft

Im Kino gibt's fast immer ein Happy-End. Der derzeitige Kino- Booom in Berlin aber wird kein gutes Ende nehmen, glaubt man den warnenden Stimmen. Dennoch bleibt der Drang der Filmpaläste an die Spree ungebrochen: Kaum eine Woche vergeht, ohne daß ein neues Megaprojekt angekündigt oder eingeweiht wird. Am jüngsten Neuzuwachs, dem Cinemaxx-Colosseum, hat sich jetzt ein Streit entzündet, der die Verteilungskämpfe der Zukunft auf dem immer enger werdenden Kinomarkt der Hauptstadt vorwegnimmt.

Das am Donnerstag eröffnende Colosseum in der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg ist eines von mittlerweile fünf Filmhäusern mit Multiplex-Standard in Berlin. Für rund 30 weitere dieser Filmpaläste liegen in Berlin Planungen vor. Gleich zwei davon sollen am Potsdamer Platz entstehen und eines nur einen Steinwurf vom „Colosseum“ entfernt. Die Bezirksverordnetenversammlung von Prenzlauer Berg legte das Projekt mit knapper Mehrheit jedoch vorläufig auf Eis. „Mit Bedauern und Unverständnis“ reagierte darauf die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft (TLG) und kündigte an, rechtliche Schritte gegen den Bezirk zu prüfen, der zunächst grünes Licht für das Vorhaben signalisiert hatte. Es gehört zum TLG-Konzept für die Entwicklung des 25.000 Quadratmeter großen Areals der ehemaligen Schultheiss- Brauerei in Prenzlauer Berg.

„Die TLG ist auf der Grundlage gründlicher Marktstudien nach wie vor der Auffassung, daß ein weiteres großes Kino im Prenzlauer Berg vom Markt verkraftet werden wird“, ermahnte die Gesellschaft die Bezirksverordneten, ihre Haltung noch einmal zu überprüfen. Colosseum-Geschäftsführer Artur Brauner warf sie vor, die Ansiedlung eines zweiten Großkinos verhindern zu wollen. Pikanterweise erwarb Brauner das Ostberliner Traditionskino Colosseum 1992 ausgerechnet von der Treuhand. Damit habe er aber kein Anrecht auf Konkurrenzschutz erworben, betont die TLG.

Schon seit langem warnt der Senat freilich vor einem Kino-Überangebot in der Stadt. Stelle man das Umland mit in Rechnung, so gebe es höchstens für rund zwölf Multiplexe einen Markt – und dies nur unter der optimistischen Annahme, daß die Berliner demnächst statt zweieinhalbmal im Jahr viereinhalbmal ins Kino gingen, sagt Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Branoner. 200.000 bis 300.000 Menschen brauche ein Multiplex als Einzugsbereich.

Doch die Megaplaner lassen sich von derlei Warnungen nicht anfechten, solange die Zeichen auf dem deutschen Kinomarkt noch auf Wachstum stehen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gingen in Deutschland 67 Millionen Menschen ins Kino, was Einnahmen von fast 700 Millionen Mark entsprach. United Cinemas International, ein Joint-venture der Filmkonzerne Paramount und Universal, sieht Deutschland als zweitgrößten Wachstumsmarkt nach den USA. Das Unternehmen, das nach eigenen Angaben 1990 das erste Multiplex Deutschlands baute und in Neukölln vor kurzem ein weiteres eröffnete, will in den nächsten zwei Jahren 18 solcher Paläste in Deutschland bauen.

Für Berlin, das schon weit über 100 Lichtspieltheater hat, sagen Branchenbeobachter einen regelrechten „Kinokrieg“ voraus. Die Multiplex-Betreiber weisen die Vermutung zurück, daß wegen der Großkinos als erstes bei den kleinen Programmkinos die Lichter ausgehen könnten. „Ein Multiplex verdrängt niemals die Filmkunsthäuser“, sagt Wolfgang van Deuverden, Sprecher des Multiplex- Betreibers Kieft + Kieft. Die Multis böten Kassenschlager für den Massengeschmack. Die Programmkinos hingegen hätten ein völlig anderes Publikum. Im Bezirk Hellersdorf, wo seine Firma das Cinestar mit 2.700 Plätzen eröffnete, unterstütze Kieft + Kieft das einzige andere existierende Kino sogar und mache Werbung für dieses kleine Haus. Hans-Jürgen Moritz, Reuters