Knallig und bunt auf bündnisgrünen Stimmenfang

■ Die Grünen werden ihre Spitzenkandidaten plakatieren. Ein Bus bringt sie quer durchs Land

Berlin (taz) – Die Kampagne für den Bundestagswahlkampf wird gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Die Bundesgeschäftsführerin der Partei, Heide Rühle, läßt sich nur zwei Worte entlocken. „Knallig und bunt“ werde sie auf jeden Fall sein. Erstmals wurde für die Wahlwerbung die renommierte Düsseldorfer Agentur Schirner gewonnen, deren Einsatz für die Grünen einen langjährigen Kunden verschreckte. Das Unternehmen Rheinbraun, eine Tochter des Energiekonzerns RWE, wandte sich von Schirner ab. „Es mag sein“, sagt Agentur-Geschäftsführer Christian Monzel vorsichtig, „daß bei diesem Unternehmen Schirners Engagement für die Grünen nicht mehr politisch korrekt erschien.“

Wie dem auch sei: Pünktlich zum 18. Geburtstag der Bundespartei im Januar werden die Plakate vorgestellt. Wenn am 12. Januar dann in Bonn die Feier steigt, sollen einstige Weggefährten wie Jutta Ditfurth und Thomas Ebermann, die die Partei vor Jahren verließen, auch mit dabeisein. Alfred Mechtersheimer, Parteiloser in der ersten Bundestagsfraktion, wurde gar nicht erst angeschrieben – kürzlich beglückte er den Rep- Bundesparteitag mit einem Grußwort. Zur Wahlschlacht gegen Kohl werden die Grünen diesmal ihre Spitzenkandidaten in fotogenem Schwarzweiß auf Plakaten präsentieren: die beiden Bundessprecher Gunda Röstel und Jürgen Trittin und die Fraktionssprecher Joschka Fischer und Kerstin Müller. Schon im Frühjahr 1994 wurden Köpfe im Europa-Wahlkampf auf Plakaten abgebildet. Mit „mäßigem Erfolg“, wie sich Rühle erinnert. Stapelweise blieb die Zentrale auf den Konterfeis sitzen. Denn damals wie heute ist die Bundespartei darauf angewiesen, daß die Plakate von den Kreisverbänden gekauft werden. Organisatorisch steht ein zeitlich enger Wahlkampf bevor. Vor dem Urnengang am 27. September liegt die Sommerpause. Zwei Busse werden daher ab Juli die Kandidaten durchs Land kutschieren, Biergärten und öffentliche Plätze anfahren. Den Auftakt bildet Berlin, Ende der Tour wird Stuttgart sein. Zuvor werden die Spitzen bis Mai schon an den Universitäten für die Grünen werben. Ziel ist es, die für die Grünen hochinteressante Zielgruppe der Studenten verstärkt zur Briefwahl zu animieren. Schließlich gehen an den meisten Universitäten die Semesterferien bis Mitte Oktober. Severin Weiland