Schöner warten im neuen Reisezentrum

Dammtor, Kiel und Lübeck: Bahnhöfe für 180 Millionen Mark aufpolieren  ■ Von Achim Fischer

Die Bahn will in den nächsten drei Jahren 27 Bahnhöfe in ganz Deutschland renovieren und zu Geschäftszentren ausbauen, darunter Hamburg-Dammtor sowie die Hauptbahnhöfe von Kiel und Lübeck. Alternative Verkehrsexperten fordern, statt weniger Großprojekte lieber Angebot und Service auf allen Strecken zu fördern.

„Die Bahnhöfe wurden in Deutschland 30 Jahre lang vernachlässigt“, gestand gestern in Hamburg Martin Lepper, Leiter des Geschäftsbereiches Personenbahnhöfe der DB. Soweit mag ihm kein alternativer Verkehrspolitiker widersprechen. Strittig ist nur, welcher Weg aus der Schmuddelecke führen soll. Der Ansatz der Bahn: Schöner, größer, heller sollen ihre Höfe werden, mit modernen Toiletten und neuen Wartezonen, mit mehr Geschäftsflächen, mit mehr Platz für Restaurants, Imbissen und Büros. Kurz: Mit Hilfe des Projektentwicklers ITC will sie „moderne Verkehrsstationen mit kundenorientierten Dienstleistungszentren“schaffen.

Die drei Bahnhöfe Dammtor, Kiel und Lübeck zähl(t)en zu den ältesten und schönsten in Deutschland. Von der Pracht der alten Jugendstil-Gemäuer ist nicht mehr viel zu sehen – durch Zerstörungen im und nach dem Krieg. Nachträgliche Zwischendecken, Trennwände und Anbauten haben seit den 50er Jahren die Kathedralen des Schienenverkehrs zu Schmuddel-Ecken gemacht. Die Bahn will diese Bausünden wieder entfernen, zum Teil auch, etwa in Lübeck, zerstörte Gebäudeteile neu errichten. Das Interieur soll moderner werden. Geschätzte Kosten: 180 Millionen Mark. Der Hamburger Hauptbahnhof ist aus dem Umbauprogramm wohlweislich ausgenommen. Zum einen wurde er erst vor kurzem herausgeputzt. Zum anderen ist noch nicht klar, ob das Gebäude nicht schon bald wieder als Transrapid-Halt aufwendig umgebaut werden muß.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD), prinzipiell froh über jede Verbesserung im öffentlichen Verkehr, kann sich mit dem DB-Konzept nicht anfreunden. „Man muß das Maß wahren. All das, was die Bahn in diese Prunk-Projekte steckt, geht an anderer Stelle verloren“, kritisiert der Bonner VCD-Sprecher Burkhard Reinartz. Die alltäglichen Ärgernisse aber bleiben. „Den Fahrgästen wäre mehr damit gedient, wenn sie im Bummelzug zum Beispiel auch mal die Toilette benutzen könnten.“

Die Chancen für besseren Service aber stehen schlecht. Nach Informationen der grünen Bundestagsfraktion plant die Bahn, beim Putzservice in Nahverkehrszügen zu sparen. Neues Personal an den Schaltern soll es nach Aussage von Bahnhof-Chef Lepper ebenfalls nicht geben. Das Warten wird dadurch nicht kürzer. Aber angenehmer – vor den neu-designten Schaltern.