Ibrahim A.: Ausländerausschuß kneift

■ Mit formalen Argumenten verweisen Parlamentarier das Abschiebeproblem jugendlicher Flüchtlinge an die Bürgerschaft / Ibrahims Rechtsanwalt hofft auf Asylfolgeantrag

Mit Formaljuristerei hat sich der Bremer Ausländerausschuß gestern – unter Ausschluß der Öffentlichkeit – das Problem um die zwei togoischen Jugendlichen Ibrahim und Abbas A. vom Hals geschafft. Die Grünen hatten den Antrag eingebracht, minderjährige Flüchtlinge nicht mehr abzuschieben, wenn sie keine familiären Kontakte in ihrem Heimatland haben. Dies wurde abgelehnt, da laut Ausschußvorsitzenden Klaus Peters (CDU) nur die Bürgerschaft Anträge in Fachausschüsse überweisen darf. Nicht einmal auf ein Meinungsbild, wie es Arendt Hindriksen von den Grünen forderte, wollten sich die anderen Volksvertreter einlassen. „Das ist Sache der Fraktionen“, so der Vorsitzende Peters.

Allerdings tagt die Bürgerschaft erst wieder am 28. Januar. Bis dahin ist der Fall der beiden togoischen Jugendlichen vermutlich vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und vom Verwaltungsgericht geklärt. Bis zum 23. Dezember hat Rechtsanwalt Günter Werner Zeit, einen zweiten Asylfolgeantrag für den 15jährigen Ibrahim und den 17 Jahre alten Abbas einzureichen. Werner sieht die Gefahr, daß die beiden noch am Flughafen in Togo verhaftet werden und nie wieder auftauchen. Nach ihren Angaben wurden ihr Vater und ihr Bruder als Oppositionelle beseitigt.

In der Tat konnten mehrere internationale Organisationen keine Verwandten der zwei Brüder finden. Dennoch wurden sämtliche Asyl- und Eilanträge vor dem Verwaltungsgericht abgelehnt, da sich Ibrahim und Abbas angeblich widersprochen haben. „Das ist pervers“, findet Hindriksen von den Grünen. Seiner Meinung nach können diese Widersprüche auch durch den Dolmetscher oder Aufregung entstanden sein. Ähnlich argumentierte gestern auch ihr Anwalt vor dem Ausschuß. Werner: „Vor dem Verwaltungsgericht werden die Flüchtlinge wie Verbrecher behandelt.“Das Asylrecht in Bremen sei nur eine Hülle. Inhaltlich werde nichts mehr geprüft. „Es geht nicht mehr um Menschenrechte, sondern um eine schnelle Abschiebung“, hielt Werner dem Ausschuß vor.

Diese Anklage bügelten die Vertreter der Innenbehörde – Staatsrat Wolfgang Goehler und Abteilungsleiter Dieter Matthey – ab. Werner wurde vorgehalten, er könne nicht objektiv argumentieren, da er einen Mandanten vertrete. Goehler berief sich auf Angaben des Auswärtigen Amtes (AA), nach denen sich die Lage in Togo beruhigt hat.

Dem widersprechen jedoch Berichte von amnesty international. Zudem präsentierte Anwalt Werner ein Kommunique der togoischen Regierung über Flüchtlinge in Deutschland, daß der taz vorliegt. Darin werden sämtliche Flüchtlinge als Verbrecher beschimpft, die sich mit „Drogen, Prostitution und Autodiebstahl“beschäftigen. Stets ist die Rede von Oppositionellen, die „mit ihrem verheerenden Kampf“die Regierung stürzen wollen. Ausdrücklich begrüßt selbige Diktatur Deutschlands neue Haltung – vor allem in Bremen, „alle diese Lügner zurückzuschicken“.

Auf der Basis dieses vernichtenden Kommuniques will Anwalt Werner nun den Asylfolgeantrag für Ibrahim und Abbas stellen, da nun erst recht eine Bedrohung besteht – bei Abschiebung. Genauso wie für die weiteren zwei Jugendlichen und 149 Erwachsenen aus Togo, die ohne Abschiebeschutz hier leben. „Und die nach Beendigung ihrer Verfahren abgeschoben werden“, so Innenressortsprecher Stefan Luft. Jens Tittmann