Ein Bankier als Prager Premier

■ Havel ernennt Josef Tošovský

Prag (AP/taz) – Schneller als erwartet wird Tschechien eine neue Regierung bekommen. Schon heute will der tschechische Präsident Václav Havel Zentralbankchef Josef Tošovský zum Ministerpräsidenten ernennen. Dessen Aufgabe wird es sein, mit einer Übergangsregierung die voraussichtlich im Juni stattfindenden Neuwahlen vorzubereiten.

Noch am Montag hatte es so ausgesehen, als wolle der bisherige Ministerpräsident Klaus nach seiner Wiederwahl als Vorsitzender der bürgerlich-demokratischen Partei ODS die Bildung der Regierung verzögern. Nach einem Gespräch mit Havel hatte er es als unrealistisch bezeichnet, daß es gelingen könnte, sich in kurzer Zeit auf einen Kandidaten zu einigen. Zugleich ließ er weiterhin offen, ob die ODS sich an der neuen Regierung beteiligen werde.

Klaus zeigte sich denn auch „überrascht von der schnellen Entscheidung“. Kritisieren dürfte er sie dennoch kaum. Schließlich hat der im In- und Ausland angesehene Zentralbankschef jahrelang die Wirtschaftsreformen des Regierungschefs mit einer strikt monetaristischen Politik unterstützt. In den letzten Jahren hatte er jedoch im Gegensatz zu Klaus eine schärfere Kontrolle der Finanzinstitute gefordert.

Der ebenfalls als Premier gehandelte Außenminister Jaroslav Šedivý hatte eine Berufung abgelehnt. Auch die Spitzenpolitiker der kleineren Koalitionspartner, der Christdemokraten und der demokratischen Bürgerallianz, standen für eine bloße Übergangsregierung nicht zur Verfügung. her