Ein persönlicher Beitrag für den Frieden

■ 61jähriger Elektriker muß sich wegen Spionage für die DDR vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht verantworten

Er war nur ein kleines Licht. Das Hanseatische Oberlandesgericht verhandelt seit gestern wegen Spionage gegen einen 61jährigen Elektriker. Der Rentner hat freimütig zugegeben, zwischen 1973 und 1990 fleißig Kopien für den Militärischen Nachrichtendienst des Ministeriums für Nationale Verteidigung der ehemaligen DDR angefertigt zu haben. Das sollte sein ganz persönlicher Beitrag zum Frieden zwischen Ost und West sein.

Der gebürtige Bremer sieht sich als „ein winziges Sandkorn im Getriebe“. Er will nicht mehr als „ein paar Gebrauchsanweisungen nach drüben“übermittelt haben. Die Geheiminformationen bezogen sich allerdings auf verschiedene Rüstungsgüter der Firma Krupp-Atlas Elektronik GmbH, bei der er damals als Betriebselektriker beschäftigt war. Dazu gehörten auch Dokumente über die Erprobung von U-Booten, Heeresinforma-tionssystemen und Panzermodellen. Der Konzern hatte den Spion 1990 nach seiner Festnahme fristlos entlassen.

Heute sieht sich der gebrechliche Mann als Opfer des Krieges. Zweimal wurde seine Familie ausgebombt. Als er bei einem Besuch der Ostseeküste der damaligen DDR von zwei Geheimdienstmitarbeitern angesprochen wurde, schien ihm seine Chance gekommen, etwas gegen das militärische Übergewicht des Westens zu unternehmen. „Firmen wie Krupp sind doch gleich nach dem Krieg wieder in die Rüstung eingestiegen“, schimpfte der Rentner gestern vor Gericht. Anfangs gab er nur Informationen über Schiffsbewegungen in Bremerhaven an seinen Verbindungsoffizier weiter. Ansonsten widmete er sich seiner Laube und seinen 40 Bienenvölkern, war Mitglied der CDU und ehrenamtlicher Schöffe bei Gericht.

Später stattete ihn der Nachrichtendienst dann mit einem manipulierten Radio zum Empfang von Funksprüchen und mit einer Kamera aus. „Es gab oft Vorwürfe aus Ost-Berlin, weil die Aufnahmen, die ich gemacht hatte, unscharf waren und die Aufträge wiederholt werden mußten“, erinnert sich der Rentner. Insgesamt soll er in 17 Jahren 30.000 Mark für seine Arbeit kassiert haben. „Das war nicht sehr üppig“, lautet sein Kommentar, „aber ich war ja auch kein Ingenieur, sondern gehörte nur zur Schietgang des Betriebs, die sich um die Heizung kümmern mußte“. Der Prozeß wird fortgesetzt.

Lisa Schönemann