Erhalt eines Backstein-Dokuments

■ Denkmalgeschütztes Straßenbahndepot in Tiergarten soll saniert werden. Statt den Begehrlichkeiten der umliegenden Betriebe nachzugeben, sucht der Bezirk jetzt einen Investor

Das historische Straßenbahndepot im einstigen Industriegebiet Moabits soll nicht verfallen – deshalb suchen das Bezirksbauamt Tiergarten sowie die Gesellschaft zur behutsamen Stadterneuerung S.T.E.R.N. einen Investor für die sogenannten Wiebehallen.

Damit möglichst schnell ein Finanzier anbeißt, haben die beiden Initiatoren ein Konzept vorgelegt, das eine große Spannweite von neuen Nutzungsmöglichkeiten bietet. Die vierschiffige backsteinerne Halle mit rund 11.300 Quadratmeter Nutzfläche soll in ihrer denkmalgeschützten Form erhalten bleiben. Veränderungen können aber im Innenbereich vorgenommen werden. Nach einem Vorschlag des Architekturbüros Planstadt könnten etwa „Büro- oder Laborgebäude in Leichtbauweise in die Halle gestellt werden“. Die Höhe des Depots, so Planstadt, lasse außerdem eine zweigeschossige Nutzung zu, so daß die Einbauten durch Brücken oder Stege miteinander verbunden werden können. Außerdem sollten grüne Innenhöfe entstehen und in Teilen – trotz Denkmalschutz – auch eine Entfernung der Dächer vorgenommen werden dürfen. Der Entwurf sieht vor, daß der Standort sowohl „von nicht störendem produzierendem Gewerbe bis hin zu produktionsorientierter Forschung und Dienstleistung“ genutzt werden kann. Die Kosten der Instandsetzung werden auf fünf Millionen Mark geschätzt.

Hintergrund der Wiebehallen- Initiative ist nicht allein, ein Dokument der Berliner Industriekultur zu erhalten und neu zu nutzen. Der Vorstoß will außerdem den flächenfressenden Begehrlichkeiten der umliegenden Unternehmen einen Riegel vorschieben. In der Nachbarschaft hatte schon der Autokonzern BMW eine ehemalige Halle für Erweiterungsbauten abreißen lassen.

Das Straßenbahndepot zählt zu den Resten der städtischen Industriearchitektur, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts rund um die Huttenstraße entstand. Peter Behrens baute dort das AEG-Werk. Bis zu Beginn der 60er Jahre wurden die langen Hallentrakte für die Straßenbahnen im Westteil der Stadt genutzt. Danach dienten sie als Lagerflächen, in einem Hallenschiff befanden sich Ateliers für bildende Künstler. Rolf Lautenschläger