John fordert zweierlei Maß

■ Ausländerbeauftragte will, daß Palästinenser, Afghanen und Äthiopier eine dauerhafte Aufenthaltsbefugnis bekommen. Vietnamesen und Serben soll aber Sozialhilfe entzogen werden

Trotz abgelehnter Asylanträge sollen PalästinenserInnen aus dem Libanon, AfghanInnen und ÄthiopierInnen nach Vorstellung der Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) zukünftig eine Aufenthaltsbefugnis bekommen. Mit dieser Forderung möchte John die seit Jahren existierenden unsicheren Lebensbedingungen dieser Gruppen verbessern und ihnen einen dauerhaften Status gewähren.

Insbesondere bei der Personengruppe der 2.000 bis 3.000 PalästinenserInnen handele es sich nach Ansicht von John um „displaced persons“, da sie keine Pässe und somit keine Möglichkeit mehr hätten, freiwillig in den Libanon zurückzukehren. „Sie leben teilweise seit zehn Jahren hier und müssen endlich integriert werden“, sagt John.

Auch die rund 150 AsylbewerberInnen aus Äthiopien und Afghanistan werden immer wieder von der Ausländerbehörde formal zur Ausreise aufgefordert. Dazu komme es aber nicht, so John, da die jeweiligen Regierungen ihre Landsleute nicht aufnähmen. Die Folge: Die Menschen leben jahrelang in der Stadt, haben aber keine Möglichkeit zu arbeiten und müßten deshalb von Sozialhilfe leben.

Doch Johns Vorstoß stößt bei der Innenverwaltung auf taube Ohren: „Es gibt keine rechtlichen Voraussetzungen für diese Aufenthaltsbefugnisse“, sagt Sprecher Thomas Raabe. John sieht das anders. Nach Paragraph 30 des Ausländergesetzes könne „im Einzelfall“ einem Ausländer, der zwar „unanfechtbar ausreisepflichtig“ ist, eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, wenn seiner „freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat“. Also zum Beispiel fehlende Pässe oder im Fall von Afghanistan keine existierenden Flugverbindungen. Innensenator Schönbohm (CDU) möchte davon nichts wissen: „Es ist nicht Frau Johns Job, solche Forderungen zu stellen“, sagt Raabe. Zudem befürchtet er einen „Nachahmungseffekt“ anderer ethnischer Gruppen.

Doch John macht deutliche Unterschiede, welche der Flüchtlingsgruppen in der Stadt bleiben soll und welche nicht: Im Umgang mit VietnamesInnen und SerbInnen aus Rest-Jugoslawien, die zur freiwilligen Ausreise aufgefordert wurden und bei Nichtbeachtung abgeschoben werden, sind sich der Innensenator und die Ausländerbeauftragte nämlich einig. Hier legen beide eine harte Gangart ein: „Wer freiwillig ausreisen kann und in seinem Heimatland aufgenommen wird, soll keine Sozialhilfe mehr bekommen“, sagt John. Nach Ansicht von John können Menschen beider Gruppen „jederzeit“ in ihre Heimatländer zurückgehen. Sie unterstützt eine Bundesratsinitiative, die Sozialsenatorin Hübner (CDU) zusammen mit anderen Ländern bereits eingeleitet hat, wonach AusländerInnen ohne Duldung das Recht auf Sozialhilfe entzogen werden soll. Auch fordert sie zusammen mit Schönbohm, daß der Paragraph 55 des Ausländergesetzes geändert wird. Dort heißt es nämlich, daß „einem Ausländer eine Duldung zu erteilen ist, solange seine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist“. Sie möchte, daß der Paragraph ergänzt wird: Zuwanderer, die freiwillig ausreisen können, sollen keine Duldung mehr erhalten. Julia Naumann