Auftrag erledigt! It's Retro, Mr. Bond

■ Teils elegische, teils dräuende Klanggewitter. Bond – der Sound zum Film

Seit Roger Moore Mitte der Achtziger seine Lizenz zum Töten aus Altersgründen abgeben mußte, mühen sich die grauen Eminenzen hinter Britanniens prominentestem Geheimdienstler verzweifelt, ihren Kinohelden zu entstauben. Ein chauvinistischer Kalter Krieger wie James Bond läßt sich eben nicht ohne weiteres in die Zeiten von Aids, X-Files und Red Bull holen.

Aber nach einigen eher halbherzigen Versuchen stimmt mit dem neuesten Werk aus der industriellen Bond-Film-Fertigung wenigstens wieder der filmbegleitende Klang. Gab es im Kino und auf CD zuletzt noch die fast schmerzhafte Kombination von Tina Turner und Eric Serra zu hören, hat bei „Tomorrow Never Dies“ der junge Komponist David Arnold den Taktstock und die Regler fest in der Hand. An sich ist Arnold kein unbeschriebenes Blatt – er hat unter anderem schon die bombastischen Musiken zu Roland Emmerichs „Independence Day“ geschrieben. Auf die Klasse und den Einfallsreichtum seines Bond-Soundtracks (A&M/Polygram) hat das aber nicht vorbereitet.

Denn eigentlich gehört Bond musikalisch John Barry, dem Jazz- Musiker, der 1962 kurzfristig und für unter tausend Dollar das „James Bond Theme“ für das erste Leinwand-Abenteuer von 007, „Dr. No“, geschrieben hatte – und dann insgesamt 14 Bond-Streifen mit Musik versorgte. Seine Mischung von lässigen Jazz-Elementen und dramatischem Orchester war stilprägend; wenn die Komponisten, die Barry gelegentlich ersetzen mußten (Hamlisch, LeGrand, Kamen, Serra), es „ganz anders“ versuchten, ging das meistens in die Hose.

Und das ist das Brillante an Arnolds „Tomorrow Never Dies“, daß der junge Komponist die legendäre Arbeit Barrys nicht als erdrückende Last versteht, sondern als Pfund, mit dem sich wuchern läßt. Also benutzt Arnold alle klassischen Elemente, Motive und Themen Barrys, die markanten Bläser, die spartanisch angezupften Gitarrensaiten, die teils elegischen, teils als dräuendes Klanggewitter eingesetzten Sätze des größeren Orchesters.

Das klingt, riecht und schmeckt nach John Barrys Musik der Sechziger, aber David Arnold beläßt es nie beim bloßen Kopieren, er modernisiert und strafft und ergänzt; bestes Beispiel dafür ist der CD- Track „Hamburg Break-In“, der zunächst „vintage Barry“ ist und dann in TripHop kippt. Arnold hat den Easy-Listening-bedingten Hang zum Retro-Sound auf seiner Seite; „Tomorrow Never Dies“ ist vielleicht der beste Bond-Soundtrack John Barrys, den er nie geschrieben hat.

Aber was wäre ein Bond-Film ohne einen eigens kreierten Titelsong – lange vor MTV und den ausgeklügelten Filmsongs als Werbeträgerkampagnen der Achtziger gehörte zu den Agentenabenteuern auch das Lied zum Titelvorspann dazu. Hier versucht sich nun die herzhaft rockende Sherryl Crow gekonnt an dem überraschend melancholischen „Tomorrow Never Dies“; als Bonbon gibt es k.d. langs großartiges „Surrender“ und Mobys überflüssigen Remix des Bond-Themas dazu. Drei mehr oder weniger zeitgemäße Neuzugänge für das musikalische Archiv „Bound-Soundtracks“, Zeitkapseln, die spätestens im Rückblick den Geist der Zeit widerspiegeln wie „Goldfinger“ oder auch Duran Durans „A View To A Kill“. Auftrag erfüllt. Thomas Klein