Die Ausflüsse dieses alten Denkens

■ Jahresbilanz des Naturschutzbundes: Zwei Erfolge, viele Niederlagen

„Einige große Erfolge, aber auch schmerzliche Niederlagen für die Natur“, lautet die gestern vorgestellte Jahresbilanz des Hamburger Landesverbands des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Die Liste der Niederlagen ist allerdings wesentlich länger als die Aufzählung der (beiden) Pluspunkte.

„Einen der größten Erfolge überhaupt“sieht der NABU im vorläufigen Planungsstopp für die Großsiedlung Neugraben-Fischbek. Die Naturschützer hatten sich jahrelang gegen die Trabanten-Siedlung gewehrt, die wertvolle Moorgebiete zerstören würde. Bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen einigten sich die Parteien auf Drängen der GAL, die Pläne für vier Jahre auf Eis zu legen. „Dieses Zugeständnis ist der SPD nicht allzu schwer gefallen“, gesteht Michael Westphal, Artenschutzreferent des NABU. Da der Stadt das Geld für Großprojekte ausgeht und zudem der Druck auf dem Wohnungsmarkt nachgelassen hat, hatten viele Genossen die Baupläne ohnehin bereits aufgegeben.

Westphal mißt dem Planungsstopp in Hamburgs Süden dennoch „internationale Signalwirkung“bei. Denn der NABU wollte das Projekt durch europäisches Naturschutzrecht stoppen – das unter anderem den Wachtelkönig in diesem Gebiet unter absoluten Schutz stellt. „Das drohende Verfahren seitens der Europäischen Kommission war sicherlich auch ausschlaggebend für den Planungsstopp“, so Westphal. „Neugraben-Fischbek hat damit verdeutlicht, daß es auch ein europäische Recht gibt.“Zweiter Erfolg in der NABU-Bilanz: Das ehemalige Militärgelände Höltigbaum würde nicht wie ursprünglich geplant zu 60, sondern zu 100 Prozent unter Naturschutz gestellt.

Auf der Negativseite stehen dagegen die „rücksichtslose Durchsetzung der Elbvertiefung ohne faire Abwicklung des Planfeststellungsverfahrens“, die klammheimliche Verabschiedung vom Deich-rückverlegungsprogramm, der Bau des Schlickhügels Feldhofe ohne die üblichen Deponiestandards, die endgültige Vernichtung des Lebensraumes Altenwerder durch den Hafenausbau und der drohende Bau der A 26 quer durch den Moorgürtel im Süderelberaum.

Die Probleme, gegen die die Umweltschützer ankämpfen, sind immer wieder auf dieselbe Ursache zurückzuführen – den vermeintlichen Konflikt zwischen Arbeitsplätzen und Umweltschutz. „Die Politik operiert immer noch nach diesem alten Denkmuster“, klagt Manfred Prügel, Geschäftsführer des Hamburger BUND. Der müsse sich immer wieder „mit einzelnen Ausflüssen dieses Denkens“auseinandersetzen.

„Es ist ineffektiv, immer nur vermeintlichen Großinvestoren hinterherzulaufen“, betont Prügel. Bester Beweis: Im Hafen wurden seit 1989, trotz aller Subventions-Milliarden und trotz Umsatzexplosion im Containerumschlag, nach Berechnung des BUND 3000 Arbeitsplätze vernichtet. Achim Fischer