■ Bunter Abend mit Sozialdemokraten
: Nationale Beinfleischstreifen

Was passiert, wenn Sozis in Kultur machen? „Menschen – Helden – Deutsche – Was hält die moderne Gesellschaft zusammen?“ ist eine Diskussion im Roten Salon der Berliner Volksbühne betitelt, zu der die Kulturzuständige im Bundesvorstand der PDS, Edda Seifert, einlud; ihr Wunsch, schreibt sie, sei es, „über schwierige Zeitfragen nachzudenken und zu sprechen, wofür das Stakkato von Legislaturen keine Zeit läßt.“ Stakkato der Legislaturen – darauf muß man erst mal kommen.

Korrekt müßte der Abend aber „Hier spricht der Fichter“ heißen, denn vor allem Tilman Fichter, der sich im Auftrag der SPD um die Deutschen sorgt, besorgt auch das Reden: „Kein Volk“ hätte „sich so qualvoll mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt wie das deutsche“; die Linke aber habe die deutsche Sehnsucht nach der Nation ignoriert, und nun gelte es, „das Gemeinsame, das Positive und wie man hier eine Demokratie zusammen aufbaut“, also „gemeinsame Werte im neuen Deutschland“ zu finden.

Klaus Hartung von der Zeit findet das auch: „Ich denke an ein denkbares Nationalgefühl“, und der PDS-Vorständler Michael Schumann ist ebenfalls mit von der Partie: „Nun kommen wir zusammen“, freut sich Schumann, der sich der Verbrechen des Sozialismus so herzzerreißend zu schämen weiß wie kaum ein anderer.

Wie immer, wenn Deutsche mit Deutschen über Deutsche reden, geht es stickig, zäh und bräsig zu. Edda Seifert, ihrer Aussprache nach thüringengeschädigt, will Deutschland erst mal als „Klöyße ouderrr souwos“ ansehen. Tilman Fichter wird konkreter: „Ein republikanisches, normales Nationalgefühl“ wolle er „stiften“, verspricht er; mit „republikanisch“ meint er aber etwas Französisches und nicht etwa die Reps. Ein auf einem Barhocker hängender älterer Zuhörer hilft sich in Notwehr ein großes Glas Schnappes ein, und man ahnt, warum es Spritter gibt: Sie alle haben einmal einem wie Tilman Fichter zuhören müssen und anschließend für immer zur Flasche gegriffen.

Getreu der sozialdemokratischen Maxime, daß man „die Menschen da abholen muß, wo sie stehen“, möchte Fichter mitsamt der SPD so lange nach rechts laufen, bis er die von den Linken bisher so sträflich im Stich gelassenen Deutschnationalen mit offenen Armen aufnehmen kann, um mit ihnen die Mitte der Gesellschaft zu bilden. Dem stehe aber noch der „nihilistische Vorrat der Linken“ im Wege, schimpft Fichter, und da weiß man wieder, was man an Hermann Gremliza hat.

Erkannt aber hat Fichter die Rolle der PDS bei der Einswerdung der Nation, weshalb die PDS nicht länger verteufelt werden dürfe. „Die deutsche Linke muß eine Kategorie der Gnade entwickeln!“ ruft Fichter und sieht dabei den PDS-Menschen an. Im Klartext heißt sein Angebot: Du bist zwar ein Lump und ein SED-Verbrecher, aber wir nehmen dich trotzdem auf in unseren Skatverein. Schumann ist sofort glücklich; hätte er einen Schwanz, er würde vor Freude damit wedeln.

Wo immer Sozialdemokraten zusammenkommen, sind es die von der PDS, die es fertigbringen, noch breiiger, noch windelweicher herumzueiern als ihre Kollegen von der SPD. Während nun aber Schumann in der Vision schwelgt, die PDS müsse Opposition endlich nicht einmal mehr simulieren, sondern dürfe endlich richtig mitmachen, rutscht ihm das Hosenbein hoch, so daß man einen ins Beinfleisch einschneidenden, kneifenden Socken sieht sowie einen zirka acht Zentimeter breiten Fleischstreifen. F.W. Bernsteins Verse fallen einem ein, die plötzlich auch klingen wie die Quintessenz aller Sozialdemokratie: „Zwischen Knie und Sockenrand / Ist erotisch ödes Land.“

Der Mann auf dem Barhocker indes hatte es gut: Er war eingeschlafen. Wiglaf Droste