„Stuttgart, Duisburg und dieses“

Das 2:0 der Münchner Bayern im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Bayer Leverkusen stillt Revanchegelüste und bringt Rätselraten über den nächsten Gegner  ■ Von Benedikt Voigt

München (taz) – Es muß an den verständnislosen Gesichtern der Zuhörer gelegen haben, daß sich Giovanni Trapattoni hilfesuchend an seinen Nebenmann wandte. Der Italiener auf dem Trainerposten des FC Bayern München hatte auf die Frage, wen er sich als nächsten Gegner wünsche, verkündet: „Alle drei sind starke Mannschaften, auch diese Treit.“ Treit? Pressesprecher Markus Hörwick verbesserte höflich: „Trier, Eintracht Trier.“

Der FC Bayern München hat sich mit dem DFB-Pokalwettbewerb noch nicht ausreichend auseinandergesetzt. Kein Wunder, seit dem letzten Pokalsieg 1986 hatten es die Münchner nie mehr bis ins Halbfinale geschafft. Diesmal stehen die Bayern zwar nach dem 2:0 über Bayer Leverkusen wieder unter den letzten vier, doch als Indiz für gesteigertes Interesse am Pokal darf das beim Viertelfinalisten der Champions League und Bundesligazweiten nicht gewertet werden. Das Fortkommen lag bisher eher am Gegner (16:1 beim Landesligisten DJK Waldberg), Glück (7:6 nach Elfmeterschießen beim VfL Wolfsburg) und Revanchegelüsten für erlittene Bundesligaschmach (2:1 in Kaiserslautern). Auch gegen die Leverkusener stand Wiedergutmachung im Vordergrund. Deren Trainer Christoph Daum betrachtet die letzten zwei Siege seiner Mannschaft jedoch als absolute Ausnahme: „Wir können noch zehnmal gegen Bayern spielen, wir werden neunmal verlieren.“

Folglich trat am Mittwoch abend im Duell Bayern gegen Bayer wieder der Normalfall ein. Das lag vor allem an den Gästen, die trotz eiskalter Temperaturen den Bewegungsdrang vermissen ließen. Einen Schuß von Jan Heintze parierte Torwart Oliver Kahn (29.) zur Ecke, und einen Kopfball von Erik Meijer beförderte Lothar Matthäus von der Torlinie (71.). Das war's in Sachen Leverkusen. Vielleicht weil der gesperrte Ulf Kirsten fehlte, der beim letzten Erfolg über Bayern drei Tore beisteuerte? „Das ist mir zu billig“, sagte Manager Reiner Calmund, „der Ulf ist im Olympiastadion auch schon torlos vom Platz gegangen.“ Und Christoph Daum forderte: „Nun müssen andere Spieler in seine Rolle hineinwachsen.“ Stürmer Markus Feldhoff konnte das nicht, weshalb er die rote Daunenjacke nach 77 Minuten überstreifen durfte.

Die Bayern hingegen boten ihren abgehärtetsten Fußballfans – 12.000 an der Zahl, wovon sich allerdings 300 nach der Pause durch Fernsehen im warmen Restaurant unter der Haupttribüne disqualifizierten – eine ansprechende erste Halbzeit. Nerlinger, Elber und Tarnat sorgten dafür, daß Torwart Dirk Heinen seine Handschuhe nicht nur zum Wärmen gebrauchte. Als Christian Nerlinger den Ball in der 42. Minute nach kurzem Zuspiel von Mehmet Scholl ins Netz trat, konnte auch Heinen nichts mehr tun. Später, nach einer weiten Flanke von Lothar Matthäus, irrte der Leverkusener Torwart hilflos durch den Strafraum, wofür sich Giovane Elber mit dem Kopfball zum 2:0 (75.) bedankte.

Das Pokalspiel hatte nicht das gehalten, was die letzten beiden Aufeinandertreffen der Teams versprochen hatten. Weniger Engagement, weniger Härte, weniger Spannung. Leverkusens Manager glaubte, daß das am Versagen der Rasenheizung im Olympiastadion lag: „Bei dem Boden will sich ja keiner fallen lassen.“ Irreguläre Verhältnisse seien das gewesen, beschwerte sich Calmund sogar, doch er kam gleich selbst auf den Einwand, daß beide Mannschaften dasselbe gefrorene Geläuf vorgefunden hatten.

Auch die neue Videoleinwand kapitulierte vor den Minusgraden, weshalb der computerinteressierte Zuschauer mehrmals mitverfolgen durfte, wie so ein Gerät hochgefahren wird.

Eine Fortbildung wäre für die Verantwortlichen beim FC Bayern im Pokalwettbewerb auch nötig. Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge will im Halbfinale alles, nur nicht zum VfB Stuttgart reisen, und sagte nach Spielschluß: „Aber das werden wir bei der Auslosung jetzt gleich sehen.“ Falsch, er muß sich noch gedulden. Bis Samstag, wenn im „Aktuellen Sportstudio“ die letzten zwei Paarungen ausgelost werden. Bis dahin hat vielleicht auch Trapattoni den Namen des möglichen Gegners gelernt. Am Ende der Pressekonferenz wußte er immerhin, daß es nicht Treit ist. Sondern: „Stuttgart, Duisburg, und dieses.“

Leverkusen: Heinen – Nowotny – Wörns, Happe – Zivkovic (54. Lehnhoff), Emerson, Ramelow (79. N. Kovac), Beinlich, Heintze – Feldhoff (79. Rink), Meijer

Zuschauer: 12.000; Tore: 1:0 Nerlinger (42.), 2:0 Elber (75.)

Bayern München: Kahn – Matthäus – Babbel, Fink – Basler, Hamann, Scholl, Nerlinger, Tarnat – Jancker, Elber