Nigeria muß Federn lassen

■ Westafrika-Gipfel in Togo erklärt die Absicht, eine gemeinsame Friedenstruppe zu gründen. Einseitige nigerianische Militäraktionen wie in Liberia und Sierra Leone soll es nicht mehr geben

Berlin (taz) – Die westafrikanische Regionalmacht Nigeria hat eine peinliche diplomatische Niederlage erlitten und muß ihre militärischen Ambitionen auf dem Kontinent wohl bis auf weiteres begraben. Ein außerordentlicher Gipfel der Regionalorganisation „Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft“ (Ecowas) in der togoischen Hauptstadt Lomé endete mit einem Beschluß, militärische Alleingänge bei der Friedenssicherung in bürgerkriegsgeschüttelten Ländern der Region zu beenden und statt dessen eine permanente gemeinsame Truppe unter Leitung der gesamten Ecowas aufzustellen.

„Es wird keine einseitigen Aktionen mehr geben“, bilanzierte zufrieden Liberias Präsident Charles Taylor. Der Gipfelbeschluß trifft nämlich vor allem Nigeria, das bisher die von der Ecowas beschlossenen regionalen Militärinterventionen in Westafrika weitgehend allein bestimmte. Seit 1990 ist eine Ecowas-Eingreiftruppe namens Ecomog, die Nigeria in der Praxis allein führt, in Liberia stationiert. Seit einem halben Jahr gehen die Ecomog-Einheiten in Liberia auch gegen das Putschregime im benachbarten Sierra Leone vor. Aus Liberia zieht die Ecomog seit Anfang Dezember schrittweise ab, weil der Krieg jetzt vorbei ist und seit August der ehemalige Guerillaführer Charles Taylor – den Nigeria jahrelang bekämpft hatte – als gewählter Präsident regiert. Taylor drängt darauf, daß die Ecomog bis Februar 1998 Liberia komplett verläßt.

Da die Truppen der Ecomog neben Nigeria hauptsächlich vom ebenfalls anglophonen Ghana gestellt werden, offenbarte der Gipfel eine Spaltung zwischen frankophonen und anglophonen Ländern in Westafrika. Während Togos Außenminister Koffi Panou als Zweck des Gipfels die Bewertung der Ecomog-Operationen in Liberia und Sierra Leone angab, war für Nigerias Außenminister Ikimi vorrangig, eine einheitliche westafrikanische Front gegen den Westen zu zimmern. Frankreich und die USA wollen unter ihrer jeweiligen Leitung afrikanische Friedenstruppen aufstellen. Nigeria lehnt das ab; aber frankophone Länder wie Mali, Elfenbeinküste und Senegal arbeiten daran bereits mit. Die Präsidenten Nigerias und Ghanas blieben dem Treffen schließlich fern. Ghanas Regierung nannte den außerordentlichen Gipfel schlicht „illegal“, da der letzte reguläre Ecowas-Gipfel erst im August stattgefunden habe.

Nigerias Außenminister Tom Ikimi leistete sich in Lomé einen lautstarken Streit mit dem gastgebenden togoischen Präsidenten Gnassingbe Eyadema und mußte sich danach laut Aussage seiner Berater „ausruhen gehen“. Gegen nigerianischen Protest wurde auch die ursprünglich vorgesehene „Zufriedenheit“ der Ecowas über das militärische Vorgehen Nigerias gegen die Putschisten in Sierra Leone aus der Abschlußerklärung gestrichen und durch eine neutrale „Würdigung“ ersetzt.

Ein Minister faßte das Ergebnis des Treffens so zusammen: „Wir können der Ecomog keinen Blankoscheck geben, sondern sie muß unter die Ecowas-Kontrolle kommen.“ Der Gipfel geriet somit zu einem Sieg der frankophonen Länder. Gastgeber war Togo, Gipfelleiter war Senegals Präsident Abdou Diouf. Das Folgetreffen zur Klärung der praktischen Fragen findet im Januar in der Elfenbeinküste statt. Dominic Johnson