Der Soundtrack zum Untergang

■ „The Heater“: Bastiaan Maris quält Stahl und läßt die Wände wackeln

Wenn ein junger Künstler mit kantigem Kinn und blitzenden Augen auf die Bühne klettert, sich wie ein Star Wars-Kanonier hinter seine schwer nach Stalin-Orgel aussehende Installation klemmt, unter Feuer, Blitz und Qualm großen Krach erzeugt und Männern in Schwarz zu guter Letzt die elektronischen Feinheiten der Maschinerie erklärt- wenn das alles der Fall ist, dann läßt sich fraglos von „Jungskunst“reden. Damit das klar ist: An „Jungskunst“ist erstmal nichts auszusetzen. Bastiaan Maris' Klangperformance The Heater ist sogar ziemlich gut.

The Heater besteht aus mehreren bis zu vier Meter langen Stahlröhren, an deren unterem Ende Maris Propangasbrenner installiert hat. Teils per Computer, teils angenehm altmodisch per Hand – ganz so wie damals Horst Buchholz in Das Totenschiff seine Dampfkessel in Betrieb nahm – schickt Maris die Flammen durch seine Installation. Geschickt nutzt er dabei genau das, was auf Baustellen immer lästig fällt: Das Rauschen der Flammen, das Klicken der Ventile, das gewalttätige „Boff“der Initialzündung – und ergänzt das Ganze um nie Gehörtes: Die Hitze und die zitternde Luft lassen die Röhren beben und schreien. Gequälter Stahl bringt Töne hervor, die alle Angst der Welt in sich zu tragen scheinen. Schlimm ist nicht die Lautstärke, schlimm ist, daß den so lebendig wirkenden Schreien der Atem nicht ausgeht. Zudem läßt Maris im gleichzeitigen Befeuern der Röhren gewaltige subsonische Interferenzen entstehen, die sich an den Wänden der Halle sich brechen und den Raum undefinierbar werden lassen. In der Aufhebung von Zeit und Raum bleibt nichts als die Klaustrophobie.

Glücklicherweise bietet Maris selbst das Gegenmittel an. Er begnügt sich nicht mit dem blanken Lärm, sondern bietet darin Bruchstücke von Rhythmus, fast schon kleine Techno-Tracks an. In der Dankbarkeit für jedes Fitzelchen von Ordnung in der Unordnung entwickelt sich unglaublicherweise so etwas wie Tanzbarkeit. Maris ist der Verfertiger des Soundtracks zum Untergang. Matthias Anton

„The Heater“von Bastiaan Maris nur noch heute, 21.30 Uhr, Kampnagel