■ Zum „Mythos Bratkartoffel“ (Wahrheit 18.12.): eine Erwiderung
: Die Bratkartoffelaffäre

Die Ausführungen des Wahrheit-Autors Michael Rudolf zum Thema Bratkartoffeln in der vergangenen Woche dürfen nicht unwidersprochen bleiben.

Bratkartoffeln, so der Tip einer erfahrenen Bratschistin aus der Gegend knapp oberhalb des Röstiäquators, Bratkartoffeln bekommen eine wunderbare goldgelbe Farbe, wenn man sie vor dem Braten mit etwas Mehl bestäubt. Auch werden sie nicht so fett, wenn man die geschnittenen Kartoffeln erst dann in die Pfanne gibt, wenn das Fett schön heiß ist.

Und ein berühmter Zeichner, der aus der gleichen Gegend stammt und dessen zeitgenössisches Werk knapp unterhalb dieses Textes exponiert ist, mag sie am liebsten gewürfelt, nicht in Scheiben. Speck muß dran, natürlich Zwiebeln, und – mjam, lecker – das alles schön in Schmalz gebrutzelt, bis es knusprig und von güldener Farbe ist. Die Frage, ob rohe oder gekochte Kartoffeln zum Einsatz kommen, ist schnell geklärt: Nur kurz kochen, auf keinen Fall ganz durch.

Michael Rudolfs Bratpfannenfrage ...

Der Beschaffenheit der Bratpfanne indes wurde von den beiden repräsentativ Befragten keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Eine von diesen billigen Teflonpfannen sollte es nicht sein, das ist ganz klar. Aber sonst wurde von Gußeisen, Emaille, Edelstahl, Kupfer bis zum Woolworth-Blech beinahe alles als bratkartoffeltauglich erachtet.

Ganz im Gegensatz zu Michael Rudolfs Erwägungen („erst die austretende Stärke ermöglicht eine hammermäßig feste Kruste“), dessen Kolumne „Mythos Bratkartoffel“ vor ein paar Tagen unversehens zum „Mythos Bratpfanne“ geriet. Aber auch wenn die kleine und die große Bratpfanne, zwei wunderbare Sternbilder, mitunter Segler und Wanderer vom rechten Weg abbringen, so kann doch niemals die Pfanne für das Mißlingen von Bratkartoffeln verantwortlich gemacht werden. Woran liegt es aber dann? An mangelnder Erfahrung? Am Unvermögen gar?

... spielt die kleinste Rolle bei der Zubereitung

Beginnen wir mit einer ganz einfachen Variante, die gut schmeckt und stets gelingt:

Man bereitet eine anständige Menge Pellkartoffeln aus einer festkochenden Sorte guter Qualität und läßt diese eine Nacht und einen Tag lang im Kühlschrank ruhen. Die Kartoffeln pellen, in Scheiben schneiden, dann – je nach Geschmack – eine Zwiebel in Würfelchen zerkleinern. Man gibt einen kräftigen (!) Schuß kaltgepreßtes Olivenöl in die noch kalte Pfanne, fügt eine kräftige (!) Prise Rosmarin hinzu und erhitzt die Pfanne. Große Gasflammen auf Dreiviertelstufe sind dazu am besten geeignet, sie sorgen für eine gute Hitzeverteilung. Wenn die Oberfläche des Öls bei schräger Draufsicht leicht gewellt erscheint, ist es heiß genug. Dann ist es soweit: Alles hineingeben, Salz und frisch gemahlenen Pfeffer dazu. Auf keinen Fall Majoran, das paßt hier nicht.

Wichtig: Sobald die Unterseite schön gebräunt ist, mit dem Wenden beginnen. Dazu paßt am besten selbstgebackenes Roastbeef, Feldsalat und ein leichter Wein. Dies ist – Pfanne hin, Pfanne her – der Beginn eines wunderbaren Bratkartoffelverhältnisses ...

Dieter Grönling