Weihnachten, indisch

In 8000 Metern Höhe begann der Weihnachtsbaum zu wippen. 9000 Meter – die Silikonnadeln vibrierten. 9500 – das Lametta schwabbelte wie Spaghetti im Salzwasser. Auf dem Weg zum Klo tippte ich schadenfroh mit dem Fuß dagegen. Der Plastik-Baum an der Wand zum Cockpit zitterte, ein Strohstern wurde zum Kometen, und ich wünschte mir was.

Ich wünschte mir, daß Weihnachten wenigstens die indische Fluggesellschaft verschont hätte. Ich wünschte mir, daß der Stewart lauen Kaffee anbieten würde statt des „festlichen Schneeflockenpunsches“. Und ich wollte, die Frau auf der anderen Seite des Ganges würde aufhören, zu ihrem Mann „isses nich romantisch?“zu sagen. Warum fliegt man schließlich am Heiligabend nach Bombay? Doch nur, um dem Christbaum zu entfliehen.

Aber Weihnachten funktioniert anscheinend nur, wenn nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen. Und so flog der künstliche Tannenbaum mit uns: begleitet von indischen Stewardessen, die zwar alle Hindus waren, aber trotzdem Nikolausmützen trugen. Am Flughafen in Paris hatte der Mann vom Zoll mir mit einer Rute gedroht. In der Wartehalle waberte Zimtgeruch, und der Duty-Free Shop verkaufte „Früchtetee Bethlehem“.

Als wir das Kaspische Meer überflogen, ploppte die erste Glitterkugel von der Plastiktanne. Die Lautsprecheranlage schaltete sich ein – das Knacken klang, als habe man einen nassen Weihnachtsbaum ins Feuer geworfen. „Wir durchfliegen eine Schlechtwetterzone“, informierte uns der Kapitän. „Schöne Bescherung. Bitte schnallen Sie sich an.“Die Plastik-Tanne bebte. Ich auch. Eine Stewardeß hangelte sich zwischen den Sitzen durch und verteilte Elisenlebkuchen, gebettet auf christlich korrekten Oblaten.

„Eins“, sagte mein Liebster neben mir. „Gleich zwei.“Und eine weitere Christbaumkugel knallte zu boden. „Zwei“, sagte mein Liebster, „isses nicht romantisch?“ juw