Winterurlaub für Schneider, im März dann ab in den Bau

■ Der Immobilienspekulant wurde wegen schweren Betrugs zu sechs Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt, der Haftbefehl aufgehoben. Gericht geißelt das „grob fahrlässige“ Verhalten der Banken, das Schneider „gnadenlos ausgenutzt“ habe

Frankfurt/Main (taz) – Das Frankfurter Landgericht verurteilte den ehemaligen Immobilienspekulanten Jürgen Schneider gestern vormittag zu sechs Jahren und neun Monaten Haft. Schneider hörte der über zweistündigen Urteilsbegründung angespannt zu. Dann konnte er den Gerichtssaal als vorläufig freier Mann verlassen. Die Wirtschaftsstrafkammer rechnete ihm 31 bereits verbüßte Monate Untersuchungshaft aufs Strafmaß an, schloß Fluchtgefahr aus und hob den Haftbefehl auf. Frühestens im März wird Schneider die Reststrafe dann im offenen Vollzug im nordhessischen Schwalmstadt antreten müssen. Die Staatsanwaltschaft hat Beschwerde gegen die Aufhebung des Haftbefehls eingelegt, über die erst nach Weihnachten entschieden wird.

Schneider wurde nach 41 Verhandlungstagen in fünf Fällen des schweren Betrugs, des Kreditbetrugs und der Urkundenfälschung schuldig gesprochen. In der Urteilsbegründung geißelte Richter Heinrich Gehrke auch das „grob fahrlässige“ Verhalten der Banken, das es Schneider erst möglich gemacht habe, einen Kreditberg von über fünf Milliarden Mark anzuhäufen. Er habe das „messerscharf erkannt und gnadenlos ausgenutzt“. Obwohl eitel und geltungssüchtig, habe er aber selbst nicht viel von seinen Betrügereien gehabt. Sein Vermögen sei weg und sein „Imperium der Hoffnung“ eher eines der Hoffnungslosigkeit gewesen. Die von ihm so begehrten alten Immobilien seien von ihm zu teuer gekauft, zu aufwendig umgebaut und zu schlecht vermietet worden.

Hätten allerdings die Banken je die ihnen vom Gesetz aufgegebene Kontrollpflicht wahrgenommen, hätte ihnen „mancher grobe Unsinn“ in Schneiders Unterlagen auffallen müssen. Hohe Bankvorstände hätten es gar nicht erst für nötig gehalten, sich die Unterlagen anzusehen. Dagegen würde jeder kleine Kreditnehmer „durchleuchtet bis zum letzten“. Der Vorstand der Dresdner Bank, Günther Adenauer, habe im Zeugenstand „ein klägliches Bild“ abgegeben und sei nur „haarscharf“ an einer Anzeige wegen Falschaussage vorbeigekommen.

Schneider rechnete das Gericht außerdem sein Geständnis, seinen bis dahin straffreien Lebenswandel und sein Alter von 63 Jahren als strafmildernd an. Das Gericht verurteilte gestern außerdem auch den mitangeklagten, ehemaligen Schneider-Angestellten Karl Heinrich Küpferle wegen Beihilfe zu neun Monaten Haft auf Bewährung. Heide Platen Bericht Seite 8