Armee häuft weiter rechte Geschichten an

■ Schröder: Rühes „politisches Versagen“. Neuer Zeuge für soldatischen Antisemitismus

Berlin (dpa/taz) – Scharfe Kritik an Verteidigungsminister Volker Rühe kommt jetzt auch von Gerhard Schröder (SPD). In der Bundeswehr gebe es „massive Versäumnisse“ bei der Inneren Führung und bei der politischen Bildung für die Soldaten, bemängelte der niedersächsische Ministerpräsident. Man müsse Rühe, der die rechtsradikalen Vorkommnisse in den Kasernen „zu leicht“ nehme, „politisches Versagen anrechnen“.

Mittlerweile befaßt sich die Staatsanwaltschaft Oldenburg mit den Vorwürfen, in der Kaserne in Varel habe es antisemitische und rassistische Vorfälle gegeben. Es läuft ein Vorermittlungsverfahren gegen Unbekannt. Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei auf Aussagen, die Christian Krause, Sohn des ehemaligen Verkehrsminister vergangene Woche machte. In einer eidesstaatlichen Erklärung hatte Krause junior versichert, daß Soldaten des Fallschirmjägerbataillons 313 während einer Feier den Hitlergruß gezeigt und antisemitsiche Sprüche gegrölt hätten. Unterstützt wird seine Aussage mittlerweile von einem zweiten ehemaligen Rekruten, Eike V. Im NDR sagte Eike V. während einer Schießübung 1995 habe ein Ausbilder den Wehrpflichtigen empfohlen, sich vorzustellen, das Ziel sei ein Jude. „Dann triffst du ihn auf jeden Fall, direkt zwischen die Augen“, habe der Ausbilder gesagt.

In dem Fernsehinterview hatte sich V. von hinten aufnehmen lassen. Dem Verteidigungsministerium reichte das zu der Äußerung, der Zeuge sei von zweifelhafter Seriosität. „Offenbar ist jetzt die Stunde der anonymen Zeugen und Denunzianten gekommen“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. „Wenn es Vorfälle gegeben hat, dann sollen sich die Zeugen an die zuständige Stellen der Bundeswehr oder an die Wehrbeauftragte mit präzisen Angaben wenden“, so der Sprecher. Die Vorwürfe von Christian Krause wurden mit dem Hinweis zurückgewiesen, es handle sich um einen Racheakt.

Die FAZ hatte in ihrer Feiertagsausgabe berichtet, allem Anschein nach habe sich Familie Krause über eine Disziplinarstrafe geärgert, die der Kompaniechef über Christian Krause verhängt hatte, als dieser sich am 7. September nicht rechtzeitig zum Dienst zurückmeldete. Zwei Monate lang habe Hauptmann Wiese eine Entschuldigung verlangt. Als er sie nicht bekam, wurde Christian Krause mit einer siebentägigen Ausgangssprerre belegt. Vater Günther, der ehemalige Verkehrsminister, habe daraufhin unwirsch in der Kaserne angerufen und versucht, den Kompaniechef mit dem Hinweis darauf einzuschüchtern, er sei ein „alter Freund“ von Volker Rühe. Krause sagte dazu, sein Intervenieren für den Sohnemann und dessen Erlebnisse von Rechtsextremismus in Uniform hätten nichts miteinander zu tun. roga Kommentar Seite 10