Der Zett-deeh-eff-Mann

■ Mit Tanzlehrerpomp zum Bundesverdienstkreuz: Dieter Thomas Heck, schnellredende Kompaktanlage immer und ewig großen Fernsehens, feiert heute seinen 60sten Geburtstag

Wenn der raumgreifende Juvenilitätsterror sein Ziel erreicht hat und alles Kind im Jungbrunnen liegt, werden letzte Insignien des trotzigen Rentnerdaseins um so kräftiger erstrahlen: „Ihr Zett- deeh-eff“, das Zweite Deutsche Fernsehen, die große Familiensoße mit „Wetten daß...?“ z.B., das Altenteil mit Schwarzwaldklinik und natürlich Dieter Thomas Heck. Der wird heute, was sein Klientel schon lange ist: 60.

Eine tolle Sache. Bei Dieter Thomas Heck ist alles eine tolle Sache: die Spendenergebnisse, die ärmlichen Liedchen vergammelter Singsänger, die Stimmung natürlich und die Hilfestellungen von Monika etc., den wahren Maren Gilzers, die Heck kostümiert und bräsig lächelnd Karteikarten reichen und ansonsten ergeben schweigen. Sie kommen aus dem Nichts (genauer: aus der Kulisse, was beim ZDF aber dasselbe ist), und sie sind das Nichts, und die tolle Sache ist: Das macht nichts. Denn einer ist alles: Dieter Thomas Heck, der ist immer und auch ewig großes Fernsehen.

Unterhaltungstrampel, jede Silbe betonender Schnellsprech- automat und garantiert immer frisch und abstrus frisiert. Heck trägt Tanzlehrerpomp, Sekretärinnenbrillen (manchmal mit Zuhälter-Blaustich), gekrönt durch jene rosa oder hellblauen Hemden mit weißem Kragen, wie man sie nur in Banken sieht oder in Düsseldorf. Ob die Welt eine Modekollektion von Verona Feldbusch benötigt, ist ungewiß, eine von Dieter Thomas Heck braucht sie nicht. Denn der trägt ohnehin nur das, was das Volk erträgt und gerne trüge: Mann-von-kleine-Welt-Schick, stets so bieder, daß niemand an versteckte Konten denkt, höchstens an versteckte Kamera, weil das ja auch großes Fernsehen ist, wie Heck. Die Goldkette am Handgelenk ist ehrlich erarbeitet.

Dieter Thomas Heck war früher Autoverkäufer, und dieses leicht devote Da-kann-man-beim-Preis- noch-was-machen-Entgegengekomme ist sein Hauptwesenszug. Schulterklopfend moderiert er sich durch Schlager und Quiz. Bewundernswert und verdienstvoll, daß Heck noch nie etwas peinlich war; in diesem Punkt griff er der Evolution des Nullnullmediums vor. „4 gegen 4“, „Die Pyramide“, „Die goldene Stimmgabel“, „Melodien für Millionen“, „Die Glücksspirale“ und immer so weiter – man fragt sich, ob es überhaupt noch andere Shows und Moderatoren dieses immergleichen Genres gibt oder gab, zumindest solche von Belang. Die Antwort ist nein. Nichts gegen Johannes B. Ohrner und ähnliches Guten-Abend-Gewürm, aber Unterhaltung, das ist, das möge bleiben: „Zett-deeh-eff“ mitsamt Dieter Thomas Heck und seinen Handbewegungen, die den eigenen, stets imposanten Redefluß nachzeichnen, ach, dirigieren!

Daß er stolz darauf sei, ein Deutscher zu sein, und diesbezügliches Herumgeeier mit Kopfschütteln registriere; daß Steuerflucht Volksverrat sei und heimatliches Liedgut beachtlich; daß das Land manch schöne Ecke, z.B. den Schwarzwald, aber eben auch die Nordsee habe – so tönt Herr Heck, und das geht in Ordnung. Heck ist die gerechte Strafe für ein Volk, das sich unglücklich ruckend ohn' Unterlaß beschwert und fettwerdend „Luxus, Luxus“ denkt, sobald etwas ein bißchen feudal daherkommt: egal ob Ferrero Rocher, Discount-Lagerfeld-Gewänder von Quelle oder die A-Klasse.

Hecks Umfeld quillt über vor lauter pompöser Fassade. Das macht sein Wesen schlüssig. Heck ist eine Kompaktanlage, ein All-inclusive, ein Zwei-zahlen-drei-mitnehmen. Die Mann-von-der-Straße-Prinzipien pflegt er wie kein Mann von der Straße es je täte – die Schwiegeranwärter müssen erst mal mit dem Vater Dornkaat trinkend Manneshärte belegen. Doch bevor er sich selbst mal ein Hemd kaufe, wird Heck niemals müde zu bedauern, renne er „dreimal ums Geschäft“ – was weder den Einzelhandel noch die Sozialhilfeempfänger besänftigen wird, aber es klingt auf jeden Fall ehrenwert und biegt Sozialneid um in kollektive Bewunderung für allerlei Lametta. Denn Heck ist blutsverwandt mit dem Fürstengeschlecht zu Ysenburg und Büdingen, seine Frau heißt Ragnhild, die Kinder Saskia Fee Isabell und Rolf Niels, sein Barockschloß Aubach, und sein Bundesverdienstkreuz baumelt am Band.

Vielleicht ist auch alles umgekehrt, und das Schloß heißt Ragnhild, die barocke Frau sieht aus wie eine Pyramide und „Melodien für Millionen“ ironisiert die öffentlich-rechtliche Entlohnung. Das, Herr Heck, war Ihr Leben. Eine tolle Sache und: Alles Gute! Benjamin v. Stuckrad-Barre