John warnt vor Islam-Phobie

■ Ausländerbeauftragte stellt "wachsende Entfremdung" zwischen Muslimen und Deutschen fest. Islamische Vereine bieten Dialog an. "Tag der offenen Moschee" im Februar geplant

Die Ausländerbeauftragte des Senats, Barbara John, hat gestern vor einer „zunehmenden Islam- Phobie“ gewarnt. Das Bild der Muslime in der deutschen Öffentlichkeit werde zunehmend durch Fernsehbilder von Greueltaten in Ägypten und Algerien geprägt, die von Extremisten unter Berufung auf den Islam verübt würden. Die hier lebenden 210.000 Muslime würden häufig auf Ablehnung und Ausgrenzung stoßen, sagte sie bei einer Pressekonferenz mit Vertretern verschiedener islamischer Organisationen. Viele Muslime wagten es im Alltag nicht mehr, sich als solche zu bekennen.

Ein Dialog mit der Bevölkerung und öffentlichen Institutionen soll der „wachsenden Entfremdung“ zwischen Muslimen und Nicht- Muslimen Einhalt gebieten. Mit einem Wochenende der offenen Moscheen am 7. und 8. Februar soll der Bevölkerung die Gelegenheit gegeben werden, sich zu informieren. Zu besichtigen sind unter anderem die von der türkischen Religionsbehörde DITIP geführte Moschee am Columbiadamm und die Beyazit-Moschee des Islamischen Kulturzentrums in der Lindower Straße 18 in Wedding.

Die Zahl der Moscheen habe in den letzten Jahren sehr stark zugenommen, sagte John. Inzwischen sind es 56 Gebetsräume, überwiegend in umgestalteten Fabriketagen. Beim Versuch, Grundstücke oder Gebäude für Moscheen zu kaufen, stoße allerdings selbst die türkische staatliche Religionsbehörde auf Probleme, sagte DITIP- Vertreter Alaettin Kirbiyik. Seit einem Jahr verhandelt DITIP mit dem Bezirksamt Wedding wegen des Kaufs eines Fabrikgebäudes. Das Anliegen, drei kleinere Gebetsräume in Wedding an einem Standort zu zentralisieren und dafür ein Fabrikgebäude in der Exerzierstraße zu kaufen, stieß dort auf Bedenken. „Uns wurde gesagt, es gäbe Parkplatzprobleme und steigendes Verkehrsaufkommen“, so Kirbiyik. Dabei würden zum Freitagsgebet maximal 300 Weddinger Gläubige erwartet. Man habe den Eindruck, mit Scheinargumenten hingehalten zu werden.

Moscheen sind nicht nur Ort der Religionsausübung. Angegliederte Sportvereine oder soziale Angebote wie Nachhilfeunterricht für Jugendliche machen sie zum Treffpunkt für die Gemeinde. Zuweilen werden sie allerdings auch für politische Propaganda mißbraucht. In der zur Islamischen Föderation gehörenden Mevlana- Moschee fallen beim Freitagsgebet mitunter antisemitische Parolen.

Yahya Schülzke von der Islamischen Föderation räumte gestern freimütig ein, daß unter den Mitgliedern die Hälfte zugleich Anhänger von Milli Görüș seien. Diese Organisation vertritt eine Mischung aus türkischem Nationalismus und islamischem Fundamentalismus. Sie befürwortet die Wiedereinführung des islamischen Rechts in der Türkei. Das verschafft ihr die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes, der die Gruppierung beobachtet. Allerdings seien nicht alle Milli Görüș- Anhänger für den Gottesstaat in der Türkei, so Schülzke. Und darüber, wie heutzutage in einem modernen Staat islamisches Recht angewendet werden kann, sind sich islamische Modernisten und Traditionalisten ohnehin nicht einig.

Eine repräsentative Moschee befürworten alle islamischen Gruppierungen, doch bei der Frage der Trägerschaft wird es schwierig. Für Mohammed Herzog, den Vorsitzenden der Islamischen Gemeinschaft der deutschen Muslime, ist die Sache klar: „Es müßte eine Kommission geben, in der alle islamischen Gruppen vertreten sind. Die Leitung müßte aber in deutscher Hand sein.“ Dorothee Winden