Böller statt Brot statt Böller

■ Dritte-Welt-Gruppe für Knaller: „Nur wer gut feiert, kann sich für bessere Welt einsetzen“

Berlin (taz) – „Brot statt Böller“ fordert die Welthungerhilfe auch in diesem Jahr und ruft zu Spenden für Nordkorea auf. Jetzt regt sich gegen diese Kampagne Widerstand aus dem eigenen Lager. „Genausogut könnte man fordern, keine Handys zu kaufen“, sagt Ingrid Röder von der Aktion 3. Welt Saar. Jahr für Jahr stelle die Anti-Böller-Kampagne einen Ursachenzusammenhang her, der nicht existiere. Silvesterfeuerwerk und Armut hätten nichts miteinander zu tun.

Ellen Heinrich von der Welthungerhilfe fühlt sich da mißverstanden. „Natürlich kann man auch zu jedem anderen Zeitpunkt zu Spenden aufrufen“, sagt sie, „aber das Silvesterfeuerwerk ist eine besonders sinnlose Form der Verschwendung.“ Der Gegensatz von Überfluß und Mangel sei besonders augenfällig. Ingrid Röder widerspricht. „Mit dem Aufruf wird lediglich ein schlechtes Gewissen erzeugt, das für Zuwachs in der eigenen Spendenkasse sorgen soll“, sagt sie. „Nur Menschen, die Feste feiern, wie sie fallen, können sich glaubhaft für eine bessere Welt einsetzen.“ Und Spenden an Festtagen dienten letztlich nur der Gewissensberuhigung, ließen das „unsägliche Weltwirtschaftssystem“ aber unangetastet.

„Spenden bewirken sehr wohl etwas“, sagt Ellen Heinrich. Mit „Brot statt Böller“ wolle man weder ein schlechtes Gewissen erzeugen noch den moralischen Zeigefinger heben, noch den Spaß am Feiern verderben. „Weniger tut's auch“ sei die zentrale Botschaft. „Mehr ist besser“, meint da das Volk. Der Verband der pyrotechnischen Industrie rechnet jedenfalls mit einem neuen Rekordumsatz von 160 Millionen Mark. Ariel Hauptmeyer