„Romantisierende Fahrradpolitik“

■ Präsident der Handelskammer kritisiert rot-grüne Verkehrs- und Energiepläne

Heftige Attacken auf die Verkehrs- und Energiepolitik des rot-grünen Senats hat der Präses der Handelskammer Hamburg, Nikolaus W. Schües, in seiner Jahresschlußansprache erhoben. Er forderte dagegen weiteren Straßenbau und die Beibehaltung der Atomenergie.

„Die Förderung bisheriger Freizeitaktivitäten wie des Zufußgehens oder des Fahrradfahrens zum erklärten Schwerpunkt der Verkehrspolitik in der Verkehrsmetropole Hamburg zu machen, kann von Außenstehenden nur als satirischer Beitrag verstanden werden“, sagte der Kammerpräsident vor der traditionellen „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“. Schües: „Eine Verkehrspolitik, die dies ernst meint, tritt nicht nur auf die Bremse, sie legt bei voller Vorausfahrt den Rückwärtsgang ein.“Der Senat geht in seinem Verkehrskonzept von einem Verkehrswachstum von 14 Prozent bis zum Jahr 2010 aus. Diese Prognose, so Schües, „entbehrt jeder Realität und stranguliert unser Wachstums- und Beschäftigungspotential“. Er geht von einem Wirtschafts- und gleichzeitigen Verkehrswachstum von 40 Prozent aus. Mit „romantisierender Fahrradpolitik“sei diese Zunahme nicht zu bewältigen. Eher schon, nach Ansicht des Handelslobbyisten, mit „zügigem, bedarfsgerechtem Ausbau des Straßennetzes“. Vokabeln wie „Güterzüge“, „Verkehrszentren“oder „City-Lkw“(die Lieferungen in die Innenstadt bündeln) kamen in seiner Rede nicht vor.

Als „vollkommen falsches Signal“wertete Schües die Absichtserklärung des Senats, möglichst rasch aus der Atomenergie aussteigen zu wollen. „Wir brauchen weiterhin einen Energiemix, der bis zum Advent langfristig wirtschaftlicher Alternativen die Kernenergie einschließt“, forderte der Kammerpräses. Wie viele Kerzlein die Erdenkinder bis zur Ankunft strahlungsfreier Zeiten noch anzünden müssen, mochte Schües jedoch nicht verraten. Am Dienstag hatten bereits die Hamburgischen Electricitäts-Werke erklärt, kein AKW vor 2012 stillegen zu wollen – im Gegensatz zur grünen Koalitionsfraktion, die auf einen Ausstieg aus dem AKW Brunsbüttel bis zum Jahr 2002 drängt.

Die Handelskammer habe aus ihrer Skepsis gegenüber einer rot-grünen Regierung keinen Hehl gemacht, gestand Schües. „Da sich die Hamburger Senate aber stets der Wurzeln des Wohlstands unserer Stadt bewußt gewesen sind, hoffe ich sehr, daß sie uns alle durch entschlossene Taten vom Gegenteil überzeugen werden.“Einen „ersten Beweis hierfür“hätten die Senatoren mit dem Beginn der Elbvertiefung abgeliefert, freute sich Schües, daß auch Rot-Grün ganz in seinem Sinne handelt. fis