Prosit 98
: Man muß Haut zeigen, um zu gewinnen!

■ Daß die Berliner optimistisch ins neue Jahr gehen, heißt nichts anderes, als sich noch mehr demütigen zu lassen. Einige hundert Ausländer werden dies mit der Abschiebung bezahlen müssen

Was früher die Marcuse-Kritik der „repressiven Entsublimierung“ war, ist heute eine Bejahung des „Tittitainment“ – zu Silvester schon auf allen TV-Kanälen! Der angeschlagene Großinvestor Mark Palmer forderte bereits 1997 „mehr Sex und Spaß“ für Berlin. Wahrscheinlich bleibt auch nichts anderes übrig: Der „Kriegsgewinnler-Sozialismus“ fällt hier mangels Yuppies ziemlich flach, dem Abheben mit „High-Tech“ steht das schwerfällige Ingenieur-Denken (Otto- Motor) entgegen, und für die Dienstleistungsgesellschaft fehlt uns als ehemaliger „Herrenrasse“ die rechte „Sklaven-Mentalität“ (Nietzsche). Nicht ohne Grund werden deswegen die amüsierwütigen zwanziger Jahre (Hotel Adlon) glorifiziert – da sich Millionen Frauen prostituierten. Die Nachwende brachte bereits das endgültige Aus des quasi gewerkschaftlichen „Koberns“ (bei dem alle „Extras“ sondervergütet werden). Die Russinnen küssen – umsonst und fast leidenschaftlich! Polnische Bauarbeiter arbeiten legal für 3,50 DM die Stunde! Zwar zwingen sich immer mehr Frauen in die Fitneß-Studios, und verhinderte Stahlarbeiter stemmen energisch Eisen, aber deutsche Huren sind eigentlich nur noch für masochistische Rassisten attraktiv, und märkische Dreamboys taugen gerade für den Wach- und Schutzdienst. Trotz Schönbohmscher Terminatorik wird der Markt 1998 weiter von Slawinnen dominiert werden – und ihr Bordellwert unter 15.000 DM sinken. Die deutschen „Papier-Ehemänner“ dazu kosten wegen der zunehmenden Arbeitslosigkeit bereits weniger als 5.000 DM. Man darf nur nicht denken, daß dieses zuhälterische „Preis-Leistung-Denken“ auf den verworfenen Rand (Rotlichtbezirk) beschränkt bleibt: Überall wird man stramme Brüste entsprechend honorieren und lila Strapse „erotisch“ finden. Daß solcherart „Körperkultur“ auch die Männer einspannt, zeugt nur von der US-Globalisierung der Niederlage, die jede Würde als „Anspruchsdenken“ kappt. Pornostars haben „Philosophie“ und sind Publikumslieblinge, das „Table-Dancing“ ist bereits ein Intellektuellenberuf, für knackige Ärsche wird die IG Medien bald Zuschläge fordern. Wenn immer noch – wie gerade vom Meinungsforschungsinstitut Forsa vermeldet – über die Mehrzahl der Berliner optimistisch und mit großen Erwartungen für das persönliche Wohlergehen ihrer Familien ins neue Jahr gehen, dann heißt das bloß: Eine Mehrheit läßt sich hier auch 1998 noch weiter demütigen, ohne sich organisiert zu wehren. Dafür werden wieder einige hundert „Ausländer“ kollektiv dran glauben müssen, indem sie abgeschoben werden. Ach, dieses verfluchte Großberlin ist und bleibt ein einziger pain in the ass! Helmut Höge