■ Urdüs wahre Kolumne
: Wohl-Täter auf dem Friedhof

Daß der CDU-Popper Stephan Dellingshausen bei der Deutschen Städtereklame gegen ein wehrmachtskriti-sches Plakat der machtvollen Pusdorfer Friedensbewegung intervenierte, paßt so gut wie Arsch auf Eimer, daß es keinerlei Aufregung wert ist. Daß das Horn-Leher Beiratsmitglied aber nicht als Zensor aus eigener Potenz auftritt, sondern sich hinter Bausenator Bernt Schulte versteckt und seine Denunziation bei den unteren Chargen der Reklame-Heinis auf Schultes Mitgliedschaft im DSR-Aufsichtsrat aufbaut, das in der Tat mieft so ekelhaft nach Petze – Petze und Beziehungskungelei, daß ich mir eigens den guten Vorsatz für 1998 fassen mußte, diesem Bürschel standhaft aus dem Weg zu gehen! Es könnte sonst für rein gar nix garantiert werden ...

t

Die Spielregeln des Lebens auf diesem Planeten wirklich gut verstanden hat der etwa zehnjährige Knabe im CHIEMSEE-T-Shirt, der unmittelbar vor mir am Sonderverkaufsstand nach China-Böllern und Raketen verlangte: Als die gesetzestreue Feuerwerk-Anbieterin ihm zu verstehen gibt, daß er das Zeug noch nicht bekommen könne, tönt der Bursche (Sohn von Stephan D. aus Horn?) souverän und schnoddrig: „Dann macht eben jemand anders das Geschäft!“Nunmehr erläutert ihm die Verkaufskraft ihre Sicht der Rechtslage: „Und wenn Dir dann was passiert, bin ich dran.“Der junge Schnösel daraufhin erfreut: „Na klasse. Dann haste ne Klage auf Unfallrente und Schmerzensgeld am Hals. Mein Vater ist Anwalt.“. Genauso sindse. Aus dem wird noch mal was.

t

Im Keglerheim „Zum lustigen August“(nur echt an der Auguststraße in Walle) bieten die singenden Wirtsleute Waltraud und Boris an jedem Sonntag ab 15 h für uns Mitmenschen über 40 einen Tanztee bei freiem Eintritt an. Zu diesem Ereignis lud mich eine fröhliche 60erin im Bratwurstglöckl mit den schönen Worten ein: „Das is da sone Stimmung, da ist dir schietegal, ob hinterher der Schröder, der Kohl oder der Kaiser von China regiert.“Darf man eine solche Empfehlung für sich behalten?

t

Echt toll wie die Bremer Musikschau der Nationen in diesem Jahr nicht nur dazu beiträgt, vom Erlös frische Blumen für Soldatengräber überall in der Welt anzuschaffen; auch in diesem Jahr wird den überlebenden Musikanten der einst so roten Armeen von Rumänien, Rußland und Weißrußland in der gut geheizten Stadthalle Gelegenheit gegeben, mal ein paar Mark mit Mucke zu machen, ohne sich dafür in der Fußgängerzone den Arsch abzufrieren und die karge Beute mit den Mitgliedern des Symphonieorchesters von Riga teilen zu müssen. Waren Sieger der Geschichte je großmütiger?

t

Menschen, die an Mukoviszidose erkrankt sind, können nur sehr eingeschränkt auf ihre physische Wehrhaftigkeit vertrauen. Muß dieses physische Handicap aber dazu führen, daß eine Benefizveranstaltung mit Prominentenfußballspiel in der Bremer Stadthalle von erbarmungslosen Wohltätern unter dem Kalauertitel „Muko-Kick '98“durchgeführt wird? Demnächst erwarten uns noch Spasti-Rock, Ha-ih-vau-Show und Krebs-Gala mit Hummercocktail. Alles für den guten Zweck.

t

Am Waller Friedhof bittet mich ein älterer Herr (“Ich hab grad meiner Frau Blumen vorbeigebracht“) den Schlauch seines Behindertenrades aufzupumpen („früher hat das immer Mutti gemacht, alsse noch war“). Weit und breit ist kein junger Spund in Sicht, an den dieser Job delegiert werden könnte. Und so hocke ich schließlich keuchend und stöhnend neben dem spärlichen Straßenbegleitgrün, um das Gefährt flottzukriegen. Anschließend darf ich dem maroden Senior trotz eigener Befindlichkeitsstörungen auch noch die Hosenklammern anlegen und das Dreirad über den Bordstein wuchten. Teilnahmsvoll beobachtet der Rentner meine Anstrengungen und meint schließlich: „Hab ja schon manchmal überlegt, ob ich mir eine jüngere Frau nehmen soll, aber man kann sich ja auch unter Männern ganz gut behelfen, nich?“Jawoll. Gemeinsam sind wir stark. Und dürfen auch mal weinen und Schwäche zeigen. Meint ganz und gar männerbewegt

Ulrich „Newman“Reineking