CSU-Jugend bald radikaler als die Alten

■ „Ausländer sind lieber in Deutschland im Gefängnis als in der Heimat in Freiheit“

Nürnberg (taz) – Mit einem Katalog von Verschärfungen gesetzlicher Regelungen gegenüber Ausländern will die Junge Union (JU) die innerparteiliche Debatte voranbringen. Auftrieb hat die CSU- Jugendorganisation durch den Beschluß der Führungsspitze beider Unionsparteien erhalten, die Ausländerpolitk zum Schwerpunkt in den kommenden Wahlkämpfen zu machen.

In dem JU-Papier mit dem Titel „Stärkung der Inneren Sicherheit durch eine konsequente Ausländerpolitik“ wird die Senkung des Nachzugsalters von ausländischen Kindern zu ihren in Deutschland lebenden Eltern von bisher 16 auf 10 Jahre gefordert. Es müsse verhindert werden, daß ausländische Jugendliche sich bis zu ihrem 16. Lebensjahr im Heimatland aufhielten und dann von ihren Eltern in ein Land geholt würden, „dessen Sprache sie nicht sprechen und dessen Sitten ihnen fremd“ seien.

Generell finden die Jungunionisten jegliche Diskussion über Einwanderungsquoten „unakzeptabel“. „Relativierungen im Ausländergesetz“ will die JU ersatzlos streichen. Ausnahmetatbestände bei der Ausweisung von Straftätern soll es demnach künftig ebensowenig geben wie Ermessensspielräume für die zuständigen Behörden. Um schneller und leichter ausweisen zu können, will man mit „Druck über die Entwicklungshilfe“ die jeweiligen Heimatländer dazu bringen, ihre Staatsangehörigen wieder aufzunehmen. Ausländer, die sich noch keine fünf Jahre in Deutschland aufhalten, sollten ihre Freiheitsstrafe im Heimatland verbüßen. Dies sei notwendig, da die „Abschreckungswirkung deutscher Gefängnisse sehr gering“ sei und sich „viele Ausländer lieber in deutschen Strafanstalten als in ihrem Heimatland in Freiheit“ aufhielten.

„Wer nach Deutschland kommt und straffällig wird, mißbraucht sein Gastrecht“, heißt es in dem Katalog der bayerischen JU, der sich nicht mehr allzusehr vom Programm der rechtsextremistischen „Republikaner“ unterscheidet. Schon in der Vergangenheit war gerade die CSU-Jugendorganisation immer wieder durch stramm rechte Äußerungen und durch Pamphlete aufgefallen, die einen „konservativen Aufbruch in der JU“ und ein Ende der „inländerfeindlichen Politik“ fordern. Bayerns JU-Chef, der Nürnberger Markus Söder, sah sich jedoch bislang nicht zum Einschreiten veranlaßt. Es gebe „sicher mehr Linksradikale in der SPD als Rechtsradikale in der JU“, wiegelt der 30jährige CSU-Senkrechtstarter aus Nürnberg ab, der sich seit seinem Einzug ins Maximilianeum als jüngster Landtagsabgeordneter der CSU feiern läßt.

Immer wieder prescht der JU- Landeschef mit eigenwilligen Vorschlägen vor. Mal engagiert sich Söder persönlich gegen ein Flüchtlingsheim in Nürnberg, mal fordert er, Eltern, die ihrer Erziehungsverantwortung nicht nachkämen, kurzerhand das Kindergeld zu sperren. Stets erhält Söder dabei Rückendeckung von seinem politischen Ziehvater, dem ebenfalls aus Nürnberg stammenden bayerischen Innenminister und Vorsitzenden der Nürnberg-Fürther CSU, Günther Beckstein. Dessen Forderung nach einer „konsequenteren Anwendung des Ausländerrechts“ gegenüber Straftätern hat die bayerische JU nun mit ihrem Maßnahmenkatalog aufgegriffen. Bernd Siegler