Mois Gegner geben nach

Kenias Oppositionspolitiker nehmen Pläne für Gegenregierung zurück. Aber folgt die Basis den moderaten Tönen?  ■ Aus Nairobi Peter Böhm

Manchmal sind Nachrichten an Gesichtern abzulesen. Am Samstag vormittag noch gab sich Radeng Ogego, Generalsekretär der zweitstärksten kenianischen Oppositionspartei NDP („Nationale Entwicklungspartei“), noch kämpferisch. Am Sonntag vormittag sind aus seinem Mund von ihm zwar immer noch unversöhnliche Töne zu hören. Doch sein Gesicht drückt Resignation aus.

Es waren die Wahlbeobachter, die der kämpferischen Stimmung der Opposition in Kenia den Boden entzogen. In ihrem abschließenden Bericht sagten sie am Sonnabend nachmittag, daß „die Ergebnisse im Ganzen den Willen der Kenianer reflektieren“. Natürlich kritisierte die vor allem von den beiden christlichen Konfessionen getragene Beobachterkommission die Unausgewogenheit der staatlichen Rundfunkanstalt KBC und den unfairen Zuschnitt der Wahlkreise, der die Regierungspartei Kanu begünstigt. Aber – und das war entscheidend – das durch Verwechslung von Wahlunterlagen und Urnen in der Hälfte der Wahllokale entstandene Chaos habe den Ausgang der Wahlen nicht entscheidend verfälschen können.

Diese Meinung teilt NDP-Generalsekretär Ogego naturgemäß nicht. „Wir haben nicht viel Respekt für die evangelische Kirche“, sagt er. „Sie spielt doch nur ihre Rolle, die ihr der Staat zugewiesen hat.“ Ganz unrecht muß Ogego nicht haben, denn die Einschätzung der Wahlbeobachter wurde natürlich nicht im luftleeren Raum getroffen. Nach dem Wahlchaos zu Wochenbeginn hatte NDP-Führer raila Odinga zusammen mit Mwai Kibaki von der größeren „Demokratischen Partei“ (DP) die Ausrufung einer Gegenregierung angekündigt. Die Furcht vor der Situation, die entstanden wäre, hätten die zwei wichtigsten Oppostionsparteien die Ergebnisse nicht anerkannt, dürfte bei den kirchlichen Beobachtern eine Rolle gespielt haben. Zwar ist das Wort vom drohenden Bürgerkrieg für Kenia zu hoch gegriffen, aber möglich wäre in einer aufgeheizten Stimmung alles. Der Oppositionelle Koigi wa Wamwere führte am Samstag das Beispiel von Ruanda im Munde.

Im Laufe des Samstags allerdings schwächte die DP, Kenias größte Oppositionspartei, ihre Forderungen merklich ab. Die Zählung solle nur noch in einigen Wahlbezirken wiederholt werden, hieß es am Abend. Gestern früh allerdings waren die Anhänger der DP und auch der SDP unter Charity Ngilu noch zu allem entschlossen. In den Parteibüros ist zu hören, nun sei die Zeit gekommen, man müsse hart bleiben, oder man werde immer unterdrückt. „Meine Jugendlichen sagen mir: Wir sind zu allem bereit!“ berichtet Peter Njenga, Leiter der DP-Parteijugend im Armenviertel Embakassi.

Aber letztendlich entscheidet überall das Machtwort von oben. Man warte, fährt Njenga fort, auf die Direktive des Parteivorsitzenden Kibaki. Auch die Anhänger von Odingas NDP warten. „Unsere Leute in Nyanza rufen ständig hier an, wie es nun weitergeht“, sagt Generalsekretär Ogego. „Wir versuchen, sie zu beschwichtigen.“ Joshua Molowa, der vor dem NDP-Büro Wache hält, erklärt: „Wir warten nun auf die Richtung, die Odinga vorgibt.“ Aber warum muß er auf eine Richtung warten? Er grübelt. Dann sagt er: „Na, weil ich NDP-Anhänger bin.“