Anti-Kriegerdenkmal für einen Pazifisten in Berlin

■ Seit gestern hat die Hauptstadt einen Gedenkstein für den 1940 hingerichteten Hermann Stöhr

Berlin (taz) – Hermann Stöhr war einer der ersten Kriegsdienstverweigerer im Nazideutschland. Im August 1939 widersetzte er sich einem Einberufungsbefehl und wurde zu einem Jahr Haft verurteilt. Weil er sich im Gefängnis weigerte, einen Eid auf den „Führer“ zu schwören, verurteilte ihn das Reichskriegsgericht zum Tode. Im Juni 1940 wurde Hermann Stöhr durch Enthauptung hingerichtet – er war das erste Opfer der Nazi-Militärjustiz.

Seit gestern trägt ein Platz am Berliner Hauptbahnhof den Namen Hermann Stöhrs, und ein Gedenkstein erinnert an den Pazifisten. Laut der „Kampagne gegen Wehrpflicht“ ist es das bislang einzige Denkmal in Deutschland, das einen Tode verurteilten Kriegsdienstverweigerer ehrt.

Vor genau hundert Jahren wurde Hermann Stöhr in Stettin geboren. Ab 1924 setzte sich der promovierte Volkswirt für eltern- und arbeitslose Jugendliche im Berliner Osten ein. Er war engagierter Christ. Am Ersten Weltkrieg hatte er als Freiwilliger teilgenommen. Diese Erfahrung war prägend. Er war nicht bereit, an einem weiteren Krieg teilzunehmen, selbst dann nicht, als er zum Tode verurteilt wurde. Im Dezember 1997 hob das Berliner Landgericht das Todesurteil gegen Stöhr auf.

Die Initiative zu seiner Rehabilitierung ging 1996 von den Bündnisgrünen in Friedrichshain aus. Die Grünen kritisieren, daß das dortige Bezirksamt „trotz vieler Anfragen nicht in der Lage war, einen künstlerischen Wettbewerb ordnungsgemäß durchzuführen“. Schließlich besorgte die Berliner Friedensbibliothek einen Findling, der gestern zusammen mit einer Gedenktafel am Hauptbahnhof eingeweiht wurde. hap