„Im Herbst wahrscheinlich“

■ Zögerlich kommen Bremens regionale Telefongesellschaften auf den harten Markt

Ein unsichtbares Kampfgetümmel umtobt seit sechs Tagen unsere Telefongeräte. Telefongesellschaften aus der ganzen Welt umspielen mit Sirenenrufen den Telefonhörer – das Gespräch mit der Liebsten wird von einer Herzens- zu einer Tausch-Affaire.

Doch nicht jeder der Groß-Kommunikatoren hat auch die Stadt Bremen schon in sein Werben miteingesponnen; selbst Werder Bremens Gönner „otelo“macht sich noch rar und so manches Mal wird man beim Versuch über die Einwählnummern zum Billigtarif vorzustoßen von Hotline zu Hotline im Kreis gewirbelt.

Wer's einfach mal ausprobieren will, „Call by call“, wählt in Bremen die Vorwahlen 01019 oder 01070 – das sind die Provider Mobicom und Arcon – da klappt's. Bei Mobilcom im Januar zum Einsteigerpreis von 19 Pfennig pro Einheit.

Kein Glück hingegen hat, wer auch noch im Tele-Bereich das Lokalkolorit pflegt. Die lokalen Anbieter, die sogenannten „City-Carrier“rund um Bremen, halten sich nämlich noch vornehm zurück.

Dabei haben sie einen großen Vorteil: Als Ableger regionaler Energieversorger können sie auf ein eigenes Leitungsnetz zurückgreifen, Angebote für Großunternehmen mit einer betriebsinternen Telefonanlage machen sie schon lange. Seit über einem Jahr haben sich die Stadtwerke Bremen mit in das Kommunikationsgewerbe gestürzt und vernetzen die Bremer Sparkassenfilialen untereinander über die „CommunicationsNetmanagementBremen GmbH“(CNB). Mit diesem Glasfaser-Schatz im Hintergrund könnte die CNB sogar den Ortstarif der Telekom brechen. Aber man läßt sich Zeit.

„Im Herbst wahrscheinlich“, sagt Dirk Roedler, der Geschäftsführer, zögernd; aber festlegen will er sich da nicht. Und auch der zweite große Kommunikator im Raum Bremen-umzu, die EWE-Tel in Oldenburg, will noch nicht so recht in die Puschen kommen. Der Ableger des Stromkonzerns in der Weser-Ems-Region, EWE, verfügt zwar mit fast 10.000 Kilometern Leitung über ein verkabeltes Feld von den Ostfriesischen Inseln bis ins Oldenburgische.

Das aber stellt er zumindest noch im Januar nur ein paar Testkunden zur Verfügung. Dabei hat die EWE als einziger Provider sogar schon einen „Interconnection-Point“mit der Bremer Telekom – direkt am alten Fernmeldeturm in der Bremer Innenstadt. Hier verkoppelt sie die hochmodernen Lichtwellenleitungen des „City-Carrier“mit dem weltumspannenden Netz der Telekom.

Und auch die Preise lassen sich sehen. Die liegen im 50-Kilometer-Umkreis nur bei der Hälfte der Telekom-Tarife. Selbst bei Ferngesprächen spart man noch 25 Prozent, obwohl die EWE-Tel dann aufs Telekom-Netz zurückgreifen muß. Von den Rabatten für gute Telefonkunden mal ganz abgesehen: Bei Telefonkosten über 1.000 Mark in der 50-Kilometer-Zone gibt's 15 Prozent Ermäßigung.

Ein Grund mehr für die City-Carrier, erstmal abzuwarten und in aller Ruhe dem Kampf der Giganten zuzugucken. Ihr Netz ist schon heute gewinnbringend und risikolos genutzt. Da kann man den „Global Players“Arcon und Mobilcom in Ruhe die ersten technischen Pannen bei der Vernetzung überlassen. Die müssen sich auf dem Markt erstmal einen Namen machen. Und auch den Streit um die Wechselgebühren der Telecom will die EWE-Tel in Ruhe aussitzen.

Auch die Bremer Großunternehmen warten noch ab. Beck's prüft die verschiedenen Angebote, Dasa und Flughafen haben sich aber noch keine Gedanken über das neuen Telefon-Zeitalter gemacht. ritz