Warten auf Regeln im Schulmonopoly

■ Hunderte von Schülern und Lehrern sollen umziehen, ihre Schulen werden verkauft. Wer aber wohin muß, ist noch offen

McKinsey und andere Propheten der Wirtschaftlichkeit sitzen den Behörden im Nacken: Halbleere öffentliche Gebäude soll es nicht mehr geben. Das gilt auch für Schulen, zumal Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) ein Neun-Millionen-Mark-Loch in ihrem klammen Haushalt stopfen muß. Die Lösung: Zwei Berufsschulen sollen verkauft werden. Aber welche Gebäude das Bildungsressort zu Geld macht und wo die betroffenen Schüler und Lehrer unterkommen, ist vollkommen ungewiß, besonders seit das Interesse der Daimler Benz AG am Schulzentrum Holter Feld bekannt geworden ist. So sitzen die Beamten mit zahlreichen verschiedenen Umzugs-Szenarios und warten auf Vorgaben aus der Politik.

„Bremen hat zwei Berufsschulen zuviel“, sagt Schulplaner Hermann Busse. So seien allein in sieben kaufmännischen Schulen zusammen 59 Räume überzählig, ähnlich sieht es nach der Kalkulation der Planer in den fünf gewerblich-technischen Berufsschulstandorten aus. Busse räumt ein, daß eine Vorhersage der Schülerzahlen schwierig sei. Denn niemand weiß, ob nicht der Staat in Zukunft wieder mehr vollschulische Ausbildungsplätze anbieten muß oder ob nicht die Kammern neue Berufe schaffen.

Dennoch steht für die Behörde der Trend fest. „Die Schülerzahlen sind im technischen Bereich um die Hälfte zurückgegangen“, heißt es. Grund seien weniger starke Jahrgänge und die sinkende Zahl der Ausbildungsplätze. Der Plan ist also, Bildungsgänge an einzelnen Standorten zusammenzulegen, so ganze Gebäude freizumachen und zu verkaufen oder auch andere Ämter aus teuren Mieträumen oder marktfähigen landeseigenen Immobilien dort einzuziehen zu lassen. Denn jeder Berufsschulstandort kostet pro Jahr bis zu 400.000 Mark Unterhaltungskosten. Außerdem macht es nach Ansicht der Bildungsplaner ohnehin Sinn, schulische Angebote neu zuzuschneiden, um den veränderten Berufsbildern gerecht zu werden.

Darum wollen die Behördenplaner die Berufsschule für Groß- und Außenhandel und Verkehr an der Ellmerstraße aufgeben und die Schule ins Domizil der Höheren Handelsschule an der Grenzstraße verlagern. Und auch für die gewerblich-technischen Schulen war das ganze Umzugspaket nach langem Streit, Schülerprotesten und finanzpolitischem Hickhack eingetütet und von der Bildungsdeputation abgesegnet. Die Berufsschule für Elektrotechnik am Doventor sollte geräumt, die Bildungsgänge ins Holter Feld verlagert werden.

Aber dann warf die Daimler Benz AG im vergangenen Herbst ein Auge auf das Schulzentrum Holter Feld. Das Schulgelände ragt in das Mercedes-Areal hinein. Wenn das Werk einmal erweitert werden sollte, könnte das nur hier geschehen, so die Überlegung, die der scheidende Mercedes-Chef Dietrich Zeyfang den Senatoren Bernt Schulte (CDU, Bau) und Kahrs vorgetragen hatte. Nun muß der Senat mit Daimler verhandeln.

Das Holter Feld könnte für Daimler teuer werden. Mehr als 1.000 Schüler gehen hier in die Berufsschule, nutzen zum Teil aufwendige Werkstätten. Außerdem müßte der Gymnasialzweig ausziehen. Bildungssenatorin Kahrs müßte den Autobauern auch entgangene Erlöse aus dem Verkauf der Berufsschule für E-Technik plus die höheren Mieten für die weitergenutzten Gebäude in Rechnung stellen. Denkbar ist auch, daß der Senat dem Konzern aus wirtschaftspolitischen Gründen nicht die vollen Kosten aufbrummt.

Noch munkelt man in der Behörde über Pläne der CDU, mit dem Umzugskarussell auch die ungeliebte Verbindung von Berufsschulen und allgemeinbildenden Schulen an einem Standort abschaffen zu wollen. Und Lehrer und Schüler sind ohnehin gegen Umzüge, wenn auch die Behörde versichert, daß „keinem Schüler der Stuhl unter dem Hintern weggezogen“werde. Joachim Fahrun